In nächster Zeit wird die Christ-Königs-Kapelle in der Flörsheimer Obermainstraße einige Aufmerksamkeit erfahren, soll sie doch restauriert werden. Dazu gehört, dass aus der „Stiftung Marienkapelle Flörsheim“ das Spendergeld, das für die Kapelle eingesammelt worden ist und für die Kapelle nicht mehr gebraucht wird, zur Anschubfinanzierung der Maßnahme verwendet wird, die Stifter der Kapelle haben dem ausdrücklich zugestimmt. Für die Zustimmung war der räumliche und religiöse Zusammenhang beider Objekte entscheidend.

Der Blick auf die Christ-Königs-Skulptur in der Kapelle eröffnet auch den Blick auf ihren Schöpfer, den Bildhauer Georg Schichtel. Von ihm und seinen Werken wollte ich schreiben und machte mich auf die Suche nach Spuren von Schichtels Leben und Wirken.

Ich fragte seinen Großenkel Wolfgang Schichtel, früher Flörsheim, jetzt München, nach Georg Schichtel und habe folgenden Brief mit Datum vom 18. Nov. 2021 von Wolfgang bekommen:

„Lieber Hans Jakob,

ich habe alles, was ich zu meinem Großonkel Georg Schichtel weiß, aufgeschrieben. Leider fehlen alle Unterlagen. Immerhin kann einer seiner Enkel, der ein Album mit Fotos von vielen seiner Werke hat, Dir einiges zeigen. Ich habe von ihm die Zusage, dass Du die Bilder fotografieren kannst, wenn Du willst.

So gut wie alle Unterlagen sind bei einem Bombenangriff auf Rüsselsheim im Jahre 1945 zerstört und vernichtet worden. Was ich weiß, habe ich gehört und erlebt.

Sein Vater Adam Schichtel verheiratet mit Auguste Lauck lebte in Flörsheim/ Main in dem Haus Untermainstraße 20. Einer seiner Söhne war Georg Schichtel.

Wo er gelernt hat, ist nicht herauszufinden. Er selbst hat von einer ersten Tätigkeit in Mannheim erzählt. Dann ging er nach Koblenz, dort heiratete er und war recht erfolgreich. Er hat ein Eckhaus in Koblenz gebaut und hatte dort eine Werkstatt, die sehr erfolgreich war. In den zwanziger Jahren hatte er zwei Großaufträge, die unbezahlt blieben, da er einen Mörtel verwendete, der wärmedämmend war (Verputz). Auch wurde er nach Frankfurt am Main geladen, weil dort eine neue Siedlung gebaut werden sollte. Aber die Stadt hatte plötzlich kein Geld mehr, sie war insolvent und mit ihr Georg Schichtel. Hungerjahre brachen an, irgendwann ging er nach Flörsheim zurück, war u. a. im Gesangverein Liederkranz tätig, bekam auch Aufträge, u. a. die Christkönigsgruppe in der Obermainstraße. Honorar im Jahr 1930: 1.500 Reichsmark.

Mit gearbeitet hat er bei der Uraufführung des „Spiel vom Verlobten Tag; er schuf die Bühnenbilder, übrigens bei der ersten Wiederaufführung nach dem Zweiten Weltkrieg hat er wieder die Bühnenbilder gemacht und die Rolle des Domkapitulars „Hundt von Saulheim“ übernommen. Am Vereinsleben nahm er auch wieder teil, vor allem beim Heimatverein, das endete plötzlich mit Krach.

Bei der Renovierung der Pfarrkirche St. Gallus hat er stark mitgesprochen, teils kontrovers. Er hat auch wieder in seinem Beruf gearbeitet, die erste Werkstatt war bei der Schreinerei Wolf in der Hauptstraße, wo er einen lebensgroßen Heiland am Kreuz als ersten Auftrag ausführte. Auch die hinteren Beichtstühle in St. Gallus hat er geschnitzt und eingebaut.

Irgendwann war er zu alt, um noch wirklich große Aufträge auszuführen. Er zog nach Bad Homburg v. d. H., wo er hochbetagt starb. Der Grund: seine Tochter Ursula war dort verheiratet und sein Sohn Georg war Pfarrer in Bad Homburg. Der Sohn ließ auch die Pfarrkirche erbauen, er (Georg Schichtel) beriet.“

Es folgte die Anschrift des Enkels, ich setzte mich mit Georg Adam in Verbindung und Mitte Oktober kam er mit seiner Frau zu mir. Wir sprachen über seinen Opa, und er überließ mir für einige Zeit sein Fotoalbum, aus dem ich die unten gezeigten Fotos kopierte.

Aber zuerst Daten aus Georg Schichtels Stammbuch:

Coblenz am ersten Mai tausend neunhundert elf.

Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschienen heute zum Zwecke der Eheschließung

1. der Bildhauer Georg Schichtel, katholischer Religion, geboren am zweiten Februar des Jahres tausendachthundert einundsiebzig zu Flörsheim am Main, wohnhaft in Coblenz Lützel, …weg 73, Sohn der verstorbenen Eheleute Adam Philipp Schichtel, Küfermeister und Margareta, geborene Lauck, beide zuletzt wohnhaft in Flörsheim;

2. die Anna Maria Eisenbach, ohne Beruf, katholischer Religion, geboren am neunten April des Jahres tausend achthundert achtzig zu Coblenz, wohnhaft in Coblenz, Viktoriastraße 23, Tochter der Eheleute Georg Anton Eisenbach, Gymnasial Vorschullehrer außer Dienst und Maria Barbara, geborene Wiersch, beide wohnhaft in Coblenz

In Koblenz-Lützel lebte Georg Schichtel mit seiner Familie bis zum Bombenangriff 1939, bei dem die Familie Alles verlor.

Verwandte in Flörsheim nahmen die Familie auf. Weitere Wohnorte bis 1952 waren Rüsselsheim und Frankfurt am Main. Ab 1952 lebte er bei seiner Tochter Ursula Adam, geb. Schichtel in Bad Homburg vor der Höhe, wo er am 3. November 1964 im Alter von 93 Jahren verstarb. Beerdigt wurde er auf dem Hauptfriedhof in Koblenz.

Am 28.10.2023 um 15:48 schrieb Hans-Jakob Gall eine Mail an Herrn Adam:

Mail an Herrn Adam: Sehr geehrter Herr Adam, guten Tag.

Ich habe zwei Daten, die nicht zueinander passen. Bitte geben Sie mir Nachricht, welche von beiden richtig ist.

Georg Schichtel hat in Lützel weitergearbeitet und ist irgendwann nach Bad Homburg zu seiner Tochter gezogen, dort starb er am 3. November 1964 im Alter von 93 Jahren. Gestorben ist Georg Schichtel im Alter von 93 Jahren am 3. November 1964 in Coblenz-Lützel

Ich danke für ihre Mühe und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Hans Jakob Gall

Nachricht Herr Adam:

Guten Morgen Herr Gall. Der Bildhauer Georg Schichtel wurde am 2. Februar 1871 in Koblenz-Lützel geboren. Dort lebte er bis zum Bombenangriff 1939, bei dem die Familie Alles verlor. Verwandte in Flörsheim nahmen die Familie auf. Wohnorte bis 1952 Flörsheim, Rüsselsheim, Frankfurt am Main. Ab 1952  lebte er bei seiner Tochter Ursula Adam, geb. Schichtel in Bad Homburg vor der Höhe, wo er am 3. November 1964 verstarb. Beerdigt wurde er auf dem Hauptfriedhof in Koblenz. 

Viele Grüße

Georg Adam

Die Christ-Königs-Kapelle in der Flörsheimer Obermainstraße (Foto HJG).

Georg Schichtels Christ-Königs-Skulptur im Innern der Kapelle (Foto HJG). Die folgenden Fotos sind aus dem Fotoalbum von Georg Adam, Schichtels Enkel.

 Schichtel in seiner Garage in Lützel, er schnitzt eine Pieta.

Schichtel arbeitet an einer Figur, vielleicht einem Engel.

Schichtel arbeitet an einem Kruzifix.

Georg  Schichtel, Aufnahmejahr unbekannt.

Georg  Schichtel, Aufnahmejahr unbekannt.

Georg Schichtel: Aufnahme von Jean Baptiste Feilner Hofphotogr., Coblenz Rh., Aufnahmejahr unbekannt.

Nun folgen drei Kopien von Fotos mit vielfältigen Arbeiten Georg Schichtels, lose aus Georg Adams Sammlung.

Nun folgen Kopien von Fotos mit vielfältigen Arbeiten Georg Schichtels aus Georg Adams Fotoalbum.

Zum Schluss ein Bild und zwei Texte aus Wikipedia zu Georg Schichtel, der erste zum hier gezeigten Bild.

„Die Pfarrkirche St. Johannes Enthauptung ist eine katholische Kirche in Koblenz. Im rechten Querarm steht der sogenannte Kriegsaltar, der nach dem Ersten Weltkrieg entstanden ist und vom Lützeler Bildhauer Georg Schichtel geschaffen wurde. Er zeigt einen sterbenden Soldaten in den Armen seiner Mutter, der von Christus in der Mandorla gesegnet wird. Rechts schaut eine Frau mit Kind betend empor.“

„Die Kriegergedächtniskapelle im Überdorf, Ortsgemeinde Aflen, einer Ortsgemeinde im Landkreis Cochem-Zell in Rheinland-Pfalz. Sie gehört der Verbandsgemeinde Ulmen an.

Bildhauer Georg Schichtei, Koblenz, Werkstätte für christliche Kunst, legte am 1. Juni 1920 einen Kostenvoranschlag über 19000 Mark für den Gesamtumfang der Bauarbeiten einschließlich des Altares und der kunstverglasten Fenster vor.“

Ob Schichtel den Auftrag erhalten hat, weiß ich nicht.