Die Wiesenmühle „gleich obig dem Steeg …“

den es noch immer gibt, wie schon im Jahre 1699 (und früher). Fotos: 06.01.2021 hjg

Über die Wiesenmühle

Die Wiesenmühle liegt in Flörsheimer Gemarkung am Wickerbach, einem kleinen Bach, der bei Naurod entspringt; er hat von der Quelle bis zur Mündung in den Main eine Länge von weit über 20 Kilometern und hat über diese Strecke ein Gefälle von 315 Metern. In früherer Zeit sollen am Wickerbach nicht weniger als 21 Mühlen gelegen haben.

Wenn man auf dem Steg über dem Bach steht und sieht, wie er träge dahinfließt, dann wird man sich sicher wundern, dass es früher vom Steg ab noch vier weitere Mühlen am Unterlauf des Baches gab. Von ihnen besteht heute nur noch die Traisers-Mühle, etwa fünfhundert Meter unterhalb der Wiesenmühle. Allerdings treibt das Bachwasser dort kein Mühlrad mehr an, sondern eine Turbine zur Stromerzeugung. Die restlichen drei Mühlen, Hopfenmühle, Taubertsmühle und Engelsmühle, sind dem Abriss zwischen 1946 und 1986 zum Opfer gefallen.

Über die Wiesenmühle will ich nun einiges berichten.

Mein Dank gilt der verstorbenen Frau Liesel Idstein, die mir ihre Unterlagen über die Wiesenmühle zur Verfügung gestellt hatte, und Adam Josef Mohr, dem leider viel zu früh verstorbenen Flörsheimer Heimatforscher, der in seinem Buch „Die Mühlen am Wickerbach“ die nachfolgenden Einzelheiten erforscht und beschrieben hat:

1699 erteilte das Mainzer Domkapitel dem Hans Jakob Kiefer die Baugenehmigung für eine Mühle an der Stelle, wo „… gleich obig dem Steeg, der welcher von Hochheimer ahn die Flörsheimer Gemark über die Mühlenbach geht …“ Auch sollte sich Kiefer mit der Gemeinde Wicker einigen, denn an dieser Stelle trafen und treffen noch immer die Grenzen der Gemarkungen von Hochheim, Flörsheim und Wicker zusammen.

Die Mühle muss innerhalb nur eines Jahres fertiggestellt gewesen sein, denn schon ein Jahr später musste Kiefer bereits 7 Malter guter Frucht als Zins für die Mühle und den Wasserfall an das Domkapitel liefern.

1715 wurde von Hans Jakob Kiefer die oberhalb der Mühle stehende St-Anna-Kapelle erbaut.

1724 verkaufte Kiefer die Mühle für 5000 Gulden an den Mainzer Weihbischof Johann Edmund Gedult von Jungenfeld. Von da an wurde die Mühle Jungenfeldmühle oder Bischofsmühle genannt. Im gleichen Jahr verpachtete der Weihbischof die Mühle an einen Müllermeister namens Nikolaus Müller. Ihm folgten weitere Pächter der Mühle, die im Jahre 1808 erstmals „Wiesenmühle“ genannt wurde.

Der Mühlenbetrieb wurde 1898 aufgegeben. Bis dahin wurde mit der Kraft des Wassers nicht nur Getreide gemahlen, auch für die Flörsheimer Fayence-Fabrik wurde gemahlen. Die dortige pferdegetriebene Glasurmühle wurde 1780 in die Bischofsmühle verlegt und dort zum Mahlen des Rohstoffs für die Glasur der Fayencen benutzt – eine Mischung aus Feldspat, Quarz, Kaolin, Kalkspat und Dolomit. Nach 1898 wurde in der Wiesenmühle Schweinezucht betrieben, für die Fischzucht sollen Fischteiche angelegt worden sein.

1925 pachtete Josef Thomas die Mühle von den Erben des Weihbischofs von Jungenfeld. Josef Thomas betrieb Hühner- und Entenzucht und eröffnete am 1. März 1928 eine Ausflugsgaststätte, um Jahre 1949 kaufte Josef Thomas die Mühle.

Die Wiesenmühle ist ein gut besuchter Landgasthof mit eigenem Weinberg, ihre Besitzer waren die Familien Schneider und Idstein und zuletzt die Familien Laudes und Olbert, die Ende 2020 den Betrieb aufgaben und die Wiesenmühle verkauften.

Auf dem Torbogen des kleinen Hoftores kann man noch heute das Wappen des Weihbischofs von Jungenfeld sehen. An der Annakapelle kann man ein Wappen und einen Hinweis auf den Erbauer Hans Jakob Kiefer – 1715 –finden.

Aus Wikipedia: Johann Edmund Freiherr Gedult von Jungenfeld (1652–1727), Dekan des St. Peterstifts, des Liebfrauenstifts zu den Staffeln und des Heiligkreuzstifts. Er (war) von 1703 bis 1727 Weihbischof des Bistums Mainz in partibus Rheni (Sitz in Mainz). Johann Edmund ließ das „Jungenfeld’sche Herrenhaus“ in Finthen erbauen und erwarb 1724 die Wiesenmühle in Flörsheim am Main. Noch heute besteht ein Messstipendium im Mainzer Dom für ihn.

Einige Dokumente, die ich im Hessischen Staatsarchiv Wiesbaden gefunden habe, belegen eine Auseinandersetzung mit der Gemeinde Flörsheim um 1780 bis 1788; sie und meine Übertragung dazu werden im Folgenden gezeigt.

Nachfolgend die Dokumente aus dem Hessischen Staatsarchiv Wiesbaden, gefolgt von den Übertragungen.

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Num 436

Hochwürdig gnädiges hohe Dom Kapitul!

Der Postmeister von Jungenfeld ist wegen verschie-
denen Weidenbaum, so an seiner Mühlenbach zu
Flörsheim angepflanzet und von demselben von
undencklichen Jahren her als seinem Eigenthum
benutzet worden, mit der Gemeinde Flörsheim
in process gerathen, und desfalls von dem hohen
Domdechaney amt beyden Theilen anbefohlen
worden, die Sache bis zu Austrag in statu quo
zu belassen: Diesem ohnerachtet hat der
Mühlen Beständer inhalts anliegendem Schreiben
die Anzeig gethan: daß die Bäume … heut
durch die Gemeinde niedergehauen und nacher
Flörsheim abgeführet werden sollen.
Da aber pendente lite dergleichen attentada
nach … und gemeinen Rechten verbotten,
und der H. Amtmann Dael dermahlen nicht
einheimisch ist.
Alß will unterzeichenter nahmens seines
Principalen unterthänig gebetten haben, der

… den 20ten Fbris 1780
in Caplo Metrop Mog


hhstaw_105_229_002

Gemeinde Flörsheim die Abhauung deren
Bäumen bey nahmhafter Straf zu verbiethen,
und denselben aufzugeben, daß Sie bis zu
Außtrag der Sache von dergleichen eigenmäch-
tigen Verfahren abstellen sollen. Hierüber
unter gnädiger deference erharre in schuldigstem
respect

Eines hochwürdig gnädigen hohen Dom
Kapituls

unterthänig gehorsamster
… Schuzbrett von Jungenfeldes
Verwalter


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ad Num 436                         Flörsheim den 20te fb

gester abend spath bin ich gewahr worden
das als früh morgen bey Jedem wagen so …
Man Comandirt die auf der Flörsheimer bach
stehend weiden bäum ab zu hauen und das
holz in die gemeind zu bringen, alß wolte
das berichten, wan es in unwüsent oder Noch
nicht in der frag einig wern, so wer Noth
wendig Einen befehl von H Domdechant aus
zu würcken, das in der Sach ein Halt gemacht
wer, und nicht vom Blatz dorfte gefahren werden
büs zu Austrag der Sach.

… d 20te Fbr 1780
in Capl. Metropol Mog


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Es wer nicht warlich ein Express mit
dem Befehl der in auch gewüse antwort zu
Rück Thät bringen, so mit aber büs 9 oder
hochstens 10 Uhr her sein sonst kombt er zu spat

Mit schönster Emfehlung verbleibt

alzeit dinstwlligste
Anton Mohr …


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ab
zu geben an die Hoch Edle
wohl gebornen Herrn von Junge
feld in Maintz auf der post

A  (= Anton Mohr) …


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An
Ein Hochwürdig gnädiges Hohe Dom-
Kapitul zu Maynz
ob periculum in mora

Unterthänig gehorsamste Anzeig und
Bitte samt Anlag

ab Seiten
des von Jungenfeldischen Verwalters Schuzbrett
… in Caplo Metr: Mog: den 20ten Sept.1780.
Conclus: Eß wäre Schultheis und Gerichten zu Flörsheim
eine Abschrift von dieser Anzeige mit der Weisung
zu communiciren, der dasigen gemeind unter einer
strafe von 50 Taler(?) zu Befehlen, daß Sie von den
Vorhabnahm abhauen deren einstermeldeten Waiden-
Bäumen bis auf weitere Verordnung abzusehen
hätte, so dann wäre diese nämliche anzeige samt
Anlaage dem Amts Verweeser zu Flörsheim zu-
gehen zu lassen, um über den Verhalt der
Sache seinen pflichtmäßigen bericht ad bonum
Caplum zu erstatten, auch zugleich zu dociren
unter wessen Erlaubnis er von sein Hinweeg
geweiset seyn?

Ex Mandato
GC Mul…


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Hochwürdig-Hoch- auch Hochwohlgeborenen
Reichs Grafen auch Reichs Freyherren
Gnädig und Hochgebiethende Herren Herren

ad Num: 436

Auf das von Einem Hochwürdig Gnädigen Hohen
Ertz Dhom Capitul mir zugegangenen Hohe
Conclusum, um über den Verhalt der zwischen
dem klagenden Hrn. Postmeister von Jungenfeld
entgegen die Gemeind zu Flörsheim wegen
der Benutzung deren ahn dem Bach Ufer seiner
Mühl stehenden Wayden obschon bey der Streit Sach
den pflichtmäsigen Bericht ahn Hoch dasselbe
selbst abzustatten, auch zugleich zu dociren, unter
wessen Erlaubnis ich von hier dieser Tagen aber
geweiset seyn, solle in Belang des ersteren
ohnverhalten, das H. Kläger den besitz Standt
die ahn jetzt gedachter Bach gepflanzte Wayden
Bäum zu benutzen, für sich zu haben behaupten
wollen, und dahero gegen die das Gegentheil

… den 27. sept. 1780
in Caplo Metr Mog


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fürgebende Gemeind Klag bey Amt erhoben
habe, wo ihm dann allbereits 1775 d.18ten
Aug. per interlocutum die hieruntige bessern
Beweisführung auferlegt worden; diese
hatte er auch würcklich durch Zeugen aufführen
ahngetreten, die Sach aber von 1777, wo derselbe
durch seinen Anwalt mündlich anzeigen ließe,
annoch einige Sachen beybringen zu wollen, bis
hierher auf sich ersitzen lassen, welche, da die
Gemeind soeben pro maturatione Sententiae
angewiesen hat, nunmehro dieser Tägen ent-
schieden werden solle;
                Den anderen Punkten betreff
so habe eben so wenig als meine Vorfahren
eine Instruction Weisung und Verbott be-
kommen, ohne Erlaubnis nicht verweysen
zu dürfen, sondern bin jederzeit sonderheitlich
wann die Reys von keiner langen Dauer
und Weithe ohne einigen Ahnstand in meinen
anderen Geschäften hinweg geweiset, und
bey diesem Verhalt und Lag bin in nächst
abgewiesener Sache auf den Tag nach Frank-
furth ohne Anfrag und Begehren hiewürdiger
Erlaubnis verweyset gewesen mit
submissestem Respect erharrend

Eines Hochwürdig Gnädig Hohen Ertz Dhom
Capituls
                                               unterthän. gehorsambst.
Dael


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Ahn
Ein Hochwürdig Gnädig Hohes Ertz Dhom
Capitul zu Mayntz

unterth. gehorsambste Berichts Erstattung
Joann Simon Joseph Dael Amtsverweeser
zu Flörsheim


… in Caplo Metrop: Mog: den 27. Sept. 1780
Conclus: Es hätte Amtsverweeser Dael die ein-
vermeldete Sache von Jungenfeld ca. die Ge-
meinde Flörsheim binnen 14. Tagen ver-
mittels Urthel und Rechts zu beendigen; so-
dann wäre Rddsmo Dno Decano bei dero zurück-
kunft dieser Bericht in betreff des hinweg-
weysens eines zeitlichen Amts Verweesers
zu Hoch-und Flörsheim, ohne hierzu vor-
läufigen Urlaub erhalten zu haben, zur wieder
gefälligen Verfügung zuzustellen.
                Ex Mandato
GC Mulz…
                                              

hhstaw_105_229_010

Hochwürdiger Reichs Hochwohlgebohrner
Freyherr
gnädiger und hochbefehlender Herr
Neumigs (?)

Im Jahr 1724 erkaufte der Herr Weyhe-
Bischof von Jungenfeld die von Johann Jakob
Kiefer mit gnädigstem Consens Eines Hoch-
würdig gnädigen Dom Capituls Ao 1701 er-
baute an der Hochheimer und Flörsheimer
Gemark liegende Mahlmühle; wollen Hoch-
gedachtem Hohen Domkapitul jährlich 7 Malt.
Korn an Pacht fällig. wohlselben und so
nachher dessen Erben die v. Jungenfeld pflanz-
ten an den Bach auch, um den Außbereich
des Wassers zu verhüten, mehrere Way-
denbäume, und von Zeit dessen Besitz bis
anhero und also über 50 Jahren benutzten
dieselben sothane Waydenbäume ohne eini-
gen Widerspruch.
Vor einigen Jahren liese sich die Gemeind
Flörsheim einfallen, daß dieser Bach noch

… d. 19. Merz 1789
zu Caplo Metrop. Mog.


hhstaw_105_229_011

ein Eigenthum der Gemeinde und nicht deren
von Jungenfeld seyn. stöhrten tumultuarisch
diesseitigen Besitzstand durch eigen mächtig
unternommene Hauung deren Bäumen,
und fälleten einige sogar von Grund ab,
wodurch dann beide Theile in Rechtsstreit
verfielen und also meine Principalschaft
das Eigenthum sothaner Mühlen bach rechs
zu anweisen hat.
Solchem nach gelanget an Euer Hochwürden
Gnaden das unterschriebene Nahmens seines
Principalen gehorsamstes Ansuchen Hoch
dieselbe gnädig zu erlauben zureichen wollen,
daß mir die bey Erbauung dieser Mühlen
verhandelte und in dem domkapitulischen
Archiv vorhandene Acta und protocolla
zur Einsicht vorgelegt und allenfalls die
zu diesseitigem Erweiß nothwendige Ab-
schriften in forma probante gestattet werden
mögten. in schuldigstem Respect erhar-
rend
Euer Hochwürden Gnaden
unterthänig gehorsamster
E. B. Schuzbrett
von Jungenfelds Verwalther


hhstaw_105_229_012

                              
An
Ihro Hochwürden Gnaden
Reichs Freyherrn von Fechenbach
des Erzhohen Domstifts zu Mayntz Dom-
Dechanten
umterthäniges Ansuchen und Bitte
ab seithen
des von Jungenfeldischen Verwalthers
Schuzbrett

um die Einsicht deren über die
erbaute von Jungenfeldische Mahl-
mühle im Dom Archiv vorhandenen
acten gnädig zu gestatten

… in Caplo Metro Mayntz den 19. Merz 1783
Placuit jedoch dergestalten, daß Rmi Capli archi-
varius Görtz anforderist nachzusehen hätte,
ob nichts Rmo Caplo nachtheiliges in den ein-
vermalten Acten enthalten seyn mögte.

Ex Mandato
GJ Mulz…


hhstaw_105_229_013

In Sache
der von Jungenfeldischen Vormundschaft
ca.
den Mühlen Beständer
Werner zu Flörsheim
… 17ten Sept. 1788
Hat das Gesuch der v. Jungenfeldischen
Vormundschaft nicht statt, sondern es wird
Comissio auf das beyde Hofgerichtsräthe
Krogg und Wärschmitt (?) … mit dem
Ersuchen sowohl plo …
… … appelationis
als auch in der Hauptsache selbst
zu erkennen und zu sprechen was rechtens