Im historischen Roman „Das Lächeln der Lisbet Naumerin“ habe ich mein Wissen über die frühen Flörsheimer Fischer, über den Bau der Landwehr und der Warte und über die „Flörsheimer Madonna“ verarbeitet; das Buch ist zum Preis von 10 € in der Flörsheimer Buchhandlung und bei mir erhältlich.

Nachfolgend fasse ich alle meine Dokumente, Übertragungen, Quellen, Vortragstexte und mehr über Fischer und Fischereiwesen und über Gerichtsverfahren nicht nur am Untermain zusammen. Es wird sehr ausführlich werden, da „Erkenntnisse“ zur Landstraß zwischen Mainz und Frankfurt, zur Treidelschifffahrt, zum alten Bach, zur Flörsheimer Fahr, zum Rüsselsheimer Fährnachen und mehr meine Recherchen zur Fischerei in Flörsheim ergänzen.

Beginnen möchte ich diesen Beitrag in Annäherung an den Text meines Vortrags am 7. November 2017 in der Flörsheimer Kulturscheune. Er enthält u. a.:

  • Die Herausforderung und die Gewissheit
  • Die heutigen Flörsheimer Fischer sind Sportfischer und Angler
  • Die Fischerei war schon im Mittelalter ein Handwerk mit Regeln und Werkzeugen
  • Das Recht der Flörsheimer Fischer, im Main zu fischen
  • Die Verlautbarungen des Berthold von Henneberg und anderer Erzbischöfe

Flörsheims Frühe Fischer, eine Spurensuche

… habe ich diesen Beitrag genannt, und mit Spuren möchte ich beginnen: Mein Frau und ich waren in Kanada auf einem Trail zu einem kleinen See unterwegs, dort sollte es Biber geben. Wir hatten uns angewöhnt, bei solchen Touren ein Glöckchen an einen unserer Rucksäcke zu binden, denn wir hatten gelesen, wenn ein Bär das Gebimmel hört verdrückt er sich, er ist ja nur dann gefährlich, wenn er überrascht wird. Unterwegs trafen wir furchtlosen Touristen auf einen richtigen Waldläufer, einen Schweizer, der grinste uns an und sagte auf Deutsch: „Wissen Sie, woran man frischen Bärenkot erkennt? Nein? Nehmen Sie ein Stöckchen und rühren Sie darin, und wenn ein Glöckchen drin ist, ist er vom Bär!“ Man muss den Bär also nicht sehen, aber man weiß, es gibt ihn hier, er ist in der Nähe.

Um hier in der Heimat zu bleiben: Ein jeder von Ihnen, der im Winter in frischem Schnee unterwegs gewesen ist, kennt das: Eine Spur von einem Tier führt mitten über den Weg und wenn ein Jäger oder ein mit der Natur vertrauter Mensch mit Ihnen unterwegs ist und Ihnen sagt: Die Spur hier ist von einem Fuchs! – dann müssen Sie den Fuchs nicht sehen, aber Sie wissen, es gibt ihn.

Und so wird es Ihnen ergehen wenn Sie meinen Beitrag gelesen haben: Denn ich zeige Ihnen Spuren von Flörsheimer Fischern in der Geschichte, und dann werden auch Sie sagen, wie ich es sage: Es gab sie, sie sind uns ganz nah!

Aber wie komme ich überhaupt dazu, mich mit den frühen Fischern in Flörsheim zu befassen? Außer einer gehörigen Portion Wissensdurst (was für ein schönes altes Wort!) über alles, was das alte Flerschem und seine Menschen betrifft, kam es so:

Die Herausforderung und die Gewissheit

Herausgefordert wurde ich im November 2014 von Dr. Bernhard Thomas, der 90 Flörsheimer Inventarlisten aus dem 17. Jahrhundert durchgesehen, darin keine Gerätschaften zum Angeln oder Fischen gefunden hat und der daraus schlussfolgerte: In Flörsheim gab es keine Fischer! Heute sagt Thomas es zwar anders: Im 17. Jahrhundert und davor war die Flörsheimer Fischerei als Erwerbszweig bedeutungslos, aber den Hinweis auf die Erblisten behält er bei. Doch es muss etwas geben, das in den Erblisten nicht gefunden werden kann, also musste ich nur danach suchen.

Aber ich habe nicht nur recherchiert, ich habe gleichzeitig ein Buch geschrieben, und da es mit der Aufzählung der Fakten, die ich Ihnen heute darlege, zu trocken geworden wäre, habe ich einen historischen Roman daraus gemacht. In ihm sind zwar die gefundenen Tatsachen enthalten, sie sind aber eingekleidet in einen historischen Roman über eine Flersheimer Fischerfamilie und besonders über eine junge Frau, die Hausfrau des jungen Fischers Peter Naumer, die durch ihr geheimnisvolles Lächeln zum Vorbild geworden ist für eine im Rheingau geschnitzte Marienfigur. Daher hat das Buch auch den Titel: „Das Lächeln der Lisbet Naumerin.“ Daraus werde ich im Beitrag einiges aufführen..

Doch jetzt beginne ich:

Die heutigen Flörsheimer Fischer sind Sportfischer

Bevor ich mit der Suche nach Spuren begonnen habe, wusste ich, dass der Flörsheimer Angelsportverein „Gut Fang e. V.“ für eine definierte Mainstrecke Angelkarten/Erlaubnisscheine ausgeben darf.

Den Erlaubnisschein kann der Verein ausstellen auf die Strecke von Mainkilometer 2,8 bis Mainkilometer 18,6, also von der Hochheim-Kostheimer Gemarkungsgrenze bis zur Bonnemühle an der Mündung des Schwarzbachs in den Main bei Hattersheim-Okriftel, beiderseits des Mains; die zulässigen Angeln und Fischköder sind aufgeführt.

Die Stadt Hattersheim hat eine Tafel aufgestellt mit Regeln, Vorschriften und Verboten für das Angeln im Main. Neu ist, dass „Gut Fang“ auf seiner Homepage für 2018 die Angelstrecke von der Staustufe Hattersheim-Eddersheim bis zur Staustufe Kostheim nennt und dabei die Mainkilometer 18,6 bis 2,8 angibt, wo doch die Staustufe Eddersheim an Mainkilometer 15,55 liegt und die Staustufe Kostheim bei Mainkilometer 3,2.

Doch jetzt hatte ich die Gewissheit, dass das Recht zur Fischerei auf dem Main auf Seiten der Nachfolger und Nachkommen der frühen Flörsheimer Fischer ist. Also machte mich auf die Suche nach Beweisen oder zumindest Hinweisen, also nach Spuren, die meine und nicht nur meine Ansicht belegen: Natürlich gab es Mainfischer in Flörsheim vom Mittelalter bis noch vor wenigen Jahren.

Das Recht der Flörsheimer Fischer und Angler wurde erstritten. Über die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen der Höchster Fischereigenossenschaft und der Gemeinde Flörsheim, die das oben erwähnte Recht zur Folge hatte, gibt es einen Zeitplan, den ich Ihnen hier zeige, der aber zu umfangreich ist, ihn jetzt Schritt für Schritt zu verfolgen.         

Wichtig ist das Ergebnis: Die Flörsheimer Fischer erhalten aufgrund alters Herkommen und unvordenklicher Verjährung am 11.04.1922 vom Oberlandesgericht Darmstadt die Bestätigung, dass das Urteil des Reichskammergerichts vom 28.10.1911 Gültigkeit besitzt insofern, als die Flörsheimer auf der rechten, der preußischen Seite des Mains das Fischereirecht besitzen und zwar von der Bonnemühle am Schwarzbach bei Okriftel bis hinunter zur Hochheimer/Kostheimer Gemarkungsgrenze. Am 17. Oktober 1922 erkämpfen sich die Flörsheimer auch das Recht, auf der linken, der hessischen Mainseite fischen zu dürfen.

Im gleichen Jahr wird den Höchstern geraten, den Prozess, da aussichtslos, abzubrechen. Von diesem Zeitpunkt an besteht Einigkeit zwischen den lange Jahre streitenden Kontrahenten und es besteht Koppelfischerei auf der genannten Strecke zwischen der Höchster Fischereigenossenschaft und der Gemeinde Flörsheim, die ihrerseits ihr Recht früher und heute an die Flörsheimer Fischer- oder Angelvereine verpachtet.

Die Fischerei war schon im Mittelalter ein Handwerk mit Regeln und Werkzeugen

Nun war mir klar was zu tun ist: Mich dort zu informieren, wo die Traditionen der Fischer und ihrer Zünfte noch immer Bestand haben: Am Mittelmain.

Mein Weg führte meine Frau und mich nach Würzburg in den Historischen Zunft-saal der Würzburger Fischerzunft. Dort trafen wir den Obermeister Franz Gugel, der mir Unterstützung zusagte und mir sofort das Buch „100 Jahre Würzburger Fischerzunft“ schenkte. Was mich besonders interessierte, das sollte ich mit seinem Sohn Andreas, dem Schriftführer der Zunft, klären: Wie war das und wie ist das in Würzburg mit den Fischrechten? Wer besitzt sie und wie werden sie weitergegeben?

Gugel jr. ist Steinmetz und Steinbildhauermeister, führt ein Unternehmen in Neubrunn nahe Würzburg und hat nicht viel Zeit, also schickte ich ihm das hier abgebildete Papier, er musste nur ankreuzen. Das tat er am 21. September 2016 und sehen Sie es sich an:

Er kreuzte an, ich mache es kurz:

Die Fischrechte lagen bei der Zunft mit Gugels Zusatz: Recht der Zunft, aber immer an den ältesten Sohn der Fischerfamilie gehend!

Weitere Antworten waren: Die Geräte waren kein Allgemeingut, sie waren Eigentum des Erblassers, wurden Eigentum des Alleinerben, Geschriebenes darüber war den Würzburgern unbekannt.

Die Fischrechte lagen also beim Fischer, aber nur wenn er Mitglied der Zunft war, wenn es sie denn gab! Und wenn es sie gab dann achteten sie darauf, dass nur die Mitglieder ihrer Zunft das persönliche Fischereirecht hatten und es behalten konnten!

Mit diesem Schreiben erfuhr ich also zum ersten Mal und bei meinen späteren Recherchen immer wieder: Es waren nicht allein Nachen, Reusen, Netze, die vererbt wurden vom Vater auf den ältesten Sohn, es waren vor allem die Fischrechte – und die konnten nicht geteilt und in Inventarlisten aufgenommen werden!

Wieder zu Hause führte mich mein Weg zu Kurt Hartmann in Hochheim, der mir seine umfangreiche Sammlung über die Fischer am Untermain zum Kopieren mitgab. Besonders ein Auszug aus der „Festschrift von 1957 anlässlich des 80jährigen Bestehens des Fischereiverbandes Unterfranken“ war eine Fundgrube, und da ich mit Auszügen nur dann etwas anfangen kann, wenn es das dazu gehörige Buch nicht mehr gibt, habe ich mir antiquarisch Lesestoff besorgt, ein Buch und eine Broschüre nach der anderen, und stieß auf Nachrichten, die ich bisher nicht kannte und die dennoch sehr wichtig sind. Die Titel habe ich hier aufgeführt.

Sie sehen hier eine grobe Zeichnung vom gewundenen Fluss des Mains, von Mainz bis Schweinfurt, und alle Fischerorte, von denen ich Schriften und Broschüren gefunden und erworben habe, sind benannt, außer Bamberg, das liegt rechts außerhalb der Zeichnung.

Und bald wusste ich: Um 1500 und noch viel früher gab es Fischer in Flersheim, denn ihre Existenz und ihre Arbeitsweise dürfte sich in keiner Weise von den Fischern am mittleren Main, deren Leben und Arbeit gut dokumentiert ist, unterschieden haben. Fischen war schon im frühen Mittelalter ein Handwerk, nicht nur mit handwerklichem Gerät wie Nachen, Netzen, Reusen, sondern und das ist das Wichtigste: Mit dem Wissen um das Wesen der Fische, ihr Leben, ihre Fortpflanzung, ihre Wanderungen und ihre Verstecke und Ruheplätze; dies alles wurde seit Jahrhunderten weitergegeben vom Vater auf den Sohn, vom Meister auf den Lehrling, den Gesellen, der dann Fischermeister werden konnte; die jungen Leute gingen auf Wanderschaft, hatten Lehrzeiten bei fremden Fischermeistern und bekamen Dokumente, die den Gesellen und den Meister bestätigten. Und es gab Fischrechte! Auch außerhalb einer Fischerzunft!

Zuerst einmal zitiere ich aus der Festschrift von 1957 anlässlich des 80-jährigen Bestehens des Fischereiverbandes Unterfranken, was für alle Fischer am Main Geltung hatte:

„Ob Zunftfischer oder Bauernfischer, ob Inhaber von erblich verliehenen Fischwassern oder innerhalb der Zunft organisiert und daher nur Mitfischer innerhalb einer der Zunft insgesamt zugewiesenen Teilstrecke, alle mußten sie ihren Landesherren als dem Inhaber des Fischereirechtes den Zins zahlen. Von Interesse ist ferner, … dass außerdem nicht die Zunft als Korporation, sondern jeder einzelne Fischer dem Fürstbischof die jährliche Abgabe zu reichen hatte. Man darf daraus doch wohl entnehmen, daß die Fürstbischöfe die Fischereigerechtigkeit nicht der Zunft, sondern den einzelnen Fischern verliehen hatten. Die Zunft ist lediglich Wahrerin der Interessen ihrer Mitglieder und hat über die Durchführung der Fischerordnung zu wachen.“

Von den umfangreichen Texten, die ich in den von mir genannten Schriften gefunden habe, möchte ich, beispielhaft für andere Fischerorte, zitieren aus: „400 Jahre Fischerzunft Gemünden am Main 1567 – 1967“:

Die Fischerzunft der Dreiflüssestadt Gemünden beging im Jahr 1967 ihr 400-jähriges Jubiläum. In der Broschüre steht:

Lesen wir in der einschlägigen Urkunde von 1567, so bleibt kein Zweifel mehr, daß Fürstbischof Friedrich von Wirsberg (1558 – 1573) keine neue Zunft begründete, sondern eine bereits bestehende bestätigte und ihr eine neue Ordnung gab: „… Nachdem Unß die Meistern des gemeinen Fischer Handwerckß in Unßre statd Gemünden Unterthäniglich zuerkennen geben, daß Sie von altershero etliche Satzungen und ordnung gehabt … und Unß dareinst Unterthänig gebeten, daß Wir ihnen zu gnaden ihre alte ordnung nach Unserm gefallen mehren, besseren und bestätigen wölten.“

Auffallend sind die Formulierungen im Einleitungssatz der Zunftordnung von 1567: „… Nachdem Unß die Meistern des gemeinen Fischer Handwerckß in Unßre statd Gemünden Unterthäniglich zuerkennen geben, daß Sie von altershero etliche Satzungen und ordnung gehabt …“ Man ist gewöhnt, daß bei Berufungen auf alte Rechte und Privilegien diese genauer genannt, vor allem aber die Namen der ausstellenden weltlichen oder geistlichen Fürsten angeführt werden. Hier in unserem Falle heißt es nur pauschal: „etliche Satzungen und ordnung“ und „zuerkennen geben“. Diese Formulierungen lassen einen weiten Interpretationsspielraum zu, doch scheint alles darauf hinzudeuten, daß die Gemündener Fischerzunft mehr auf gewohnheitsrechtlicher Basis als auf dem Fundament einer schriftlichen Gründungsurkunde zusammengeschlossen war. Dafür spräche die Eintragung unter dem Amt Gemünden im Salbuch Nr. 1 unter der Überschrift: „Der fischer dinste.“ Demnach wäre die Zunft um 1470 ein Zusammenschluß von rein lokaler Bedeutung gewesen, während für die fürstbischöfliche Amtsbehörde das Fischerhandwerk aus einzelnen, jeweils selbst der Behörde verantwortlichen Fischern bestand.

An diesem Zustand eines gewohnheitsrechtlichen Zusammenschlusses hätten die Gemündener Fischer nichts zu ändern gehabt, wenn nicht die zahlreichen, frühabsolutistischen Mandate der Landesherren die Mainfischerei empfindlich reglementiert hätten.

Unter Berufung auf ihr altes Zunftrecht wollten sie vom Landesherrn eine Bestätigung ihres Zusammenschlusses und der alten Rechte.

Nur auf diesem Weg konnten die Fischer von Gemünden das für sie bessere Recht sich erhalten, konnten sie die landesherrlichen Verordnungen zur Reglementierung der Mainfischerei umgehen.

Zur Aufnahme in die Zunft und damit zum Fischermeister war Voraussetzung das Bürgerrecht, ferner eheliche Geburt und ein guter Leumund. Nach der Zunftordnung von 1728 war auch ein Zeugnis, daß er „zünftig“ gelernt und gewandert sei, beizubringen. Ein Meistersohn hatte einen halben Gulden, wer eines Meisters Tochter zur Ehe genommen gleichfalls einen halben Gulden und eine Kanne Wein zu entrichten. Ein Auswärtiger aber, der keines Meisters Tochter zur Ehe hatte, mußte für sein Meisterrecht 4 Gulden, eine Kanne Wein und ein Pfund Wachs an die Fischerkerze binnen eines Monats erlegen.

Von der Ersterwähnung bis zur Gründung der Zunft dauerte es in Gemünden 99 Jahre.

Zur Fischerei damals in Gemünden, sozusagen aus aktuellem Anlass, aus meinem Buch und Peter Naumer erzählt:

„Es war in Gemünden eine gute Zeit für mich, ich habe beim Oberfischermeister Kuhn eine Menge gelernt. Denn in Gemünden gibt es nicht nur den Main als Fischwasser, sondern auch kleine Nebenflüsse, und die werden anders befischt als der Main. Denn dort gibt es etwas, das die Gemündener Fischer den Speierritt nennen. Wir …“

Henne Klepper lachte laut auf. „Speierritt ist gut!“

„So reden die Fischer dort. Wir …“

„Was ist das für ein Fisch, der Speier?“, fragte Heinrich Klepper.

Josef Han gab Antwort: „Der Speier heißt bei uns Nase. Ihr wisst es alle: Die Nase kommt bei uns vom Rhein her nach der Schneeschmelze in großen Schwärmen vorbei. Sie ist ein kleiner Fisch, aber schwärmt in Unmengen. Wir haben in diesem Jahr aus den großen Schwärmen viele gefangen, aber jetzt kommen hier am Untermain nur noch kleine Nachschwärme an. Jetzt fangen wir wieder größere Fische.“

Peter hatte zugehört. „Ich war noch nicht lange bei Meister Kuhn, da kam er, der Speier. Die zwei kleinen Nebenflüsse des Mains dort heißen Sinn und Saale und in diese kleinen Flüsse zieht es den Speier zum Laichen. Zuerst kommen kleine Schwärme, doch um die Zeit des Vollmonds im April kommen sie in Massen zum Laichen die genannten Flüsschen hinauf. Es sind so viele Speier, dass in manchen Dörfern an Saale und Sinn die Anlieger sich ihren Anteil fangen dürfen. Sie werfen sie mit bloßen Händen aus dem Wasser und in bereitgestellte Körbe.“

Philipp Naumer warf ein: „Die Sinn und die Saale sind nicht so breit wie der Main, da drängen sich die Fische auf kleinem Raum.“

Und hier ein Zitat aus dem Buch 100. Bericht 1964 vom Historischen Verein Bamberg und daraus Zur Geschichte der Bamberger Fischerzunft

Eine eigentliche Gewässerpflege zur Fischereiförderung war in früheren Zeiten längst nicht in dem Maße wie heute nötig und möglich, sie beschränkte sich meist auf die Regelung der Fischereiausübung, auf Einschränkung oder Verbot gewisser Fischereigeräte, auf Vorschriften über Mindestmaße und Schonzeiten für wirtschaftlich wichtige Fischarten, auf den Absatz der Fische, auf Einschränkung des freien Verkaufs und Ablieferung der Fische an die geistlichen oder weltlichen Machthaber und schließlich noch auf die Einschränkung der Berufsfischerzahl, wenn diese zu stark überhandnahm. Es ist leicht verständlich, daß die seitens der Behörden erlassenen, vorwiegend fischereipolizeilichen Vorschriften von den Fischern oft als eine Belastung empfunden wurden.

Die Handwerker, ursprünglich frei in Stellung und Beruf, schlossen sich, um ihre eigene Existenz zu sichern und an Macht zu gewinnen, frühzeitig schon zu Vereinigungen zusammen. Es wurde dadurch, auch bei der ständigen Zunahme der Arbeitsspezialisierung und der Konkurrenz in der Produktion eine Festigung der Lebensführung und eine vorteilhafte Arbeitsgemeinschaft erreicht. Die Städte ihrerseits betonten ihre Machtstellung dadurch, daß sie dem Handwerk eigene Handwerksordnungen mit festen und oft strengen Vorschriften übergaben.

Und sie erreichten auch schon frühzeitig, daß aus der ersten, losen Vereinigung eine Organisation mit Beitrittszwang wurde, also eine Zunft, die alles zwangsläufig zusammenfaßte, was an gleichartigen Kräften im Stadtgebiet lebte oder jeweils zuzog und sich neu niederließ. Es wurde dadurch eine Konkurrenz auf dem eigenen Handwerksgebiet ausgeschlossen. Verschiedentlich hatten die Zünfte für die Schlichtung von Streitfragen und Ehrenhändeln auch eigene Zunftgerichte.

Es ist also verständlich, dass die Handwerker auf dem Land, und die Fischer waren Handwerker, sich nur unter dem Druck der Konkurrenten auf ihrem Gebiet zusammenschlossen. Zünfte kosteten Geld und das hatten die Fischer nicht oder sie wollten es nicht für die Verwaltung einer solchen Organisation ausgeben. Denn sie hatten ihre eigenen Regeln und Ordnungen über Jahrhunderte bewahrt, warum also sollten sie eine Zunft bilden?

Auch hier ein Beispiel aus der Broschüre Wan khörd d’Mäi? Uns khörd d’Mäi, Eibelstadt 1998

Schon 1534 steht in der Eibelstadter Polizeiordnung zu lesen: Es „soll kein Mitbürger der vischen will Einich schutz uff den Werthen Versetzen, sie seien sein oder eins ander, durchs ganntz Jhar, So aber Jemandt uff gemeinen Werthen vischen und schutz versetzen welt, soll Ime Das zu keiner Zeitt Zugelassen werden“. Widrigenfalls hatte der Übeltäter 10 Pfund „unnachlessiger Buß“ zu entrichten. Auffällig an dieser Anweisung ist, dass das Fischen noch auf keine bestimmte Personengruppe beschränkt ist.

Dies ist die Ersterwähnung der Eibelstädter Fischer. Doch erst im Jahr 1712 wurde in Eibelstadt eine Zunft gegründet, also erst 178 Jahre später

Jetzt noch aus der Broschüre Aus der Geschichte der Fischerzunft Rothenfels am Main, Mainfränkische Hefte, Heft 76, 1982

Das Amt Rothenfels umfaßte u. a. die Mainorte Sendelbach, Pflochsbach, Erlach und Zimmern auf dem linken, Neustadt, Rothenfels und Hafenlohr auf dem rechten Mainufer. Von Erträgen der Fischerei im Main an den Fürstbischof als Landesherrn haben wir erstmals aus dem Jahre 1470 Nachricht.

Alle Männer dieser Gemeinden waren sich einig, daß jeder von ihnen, der innerhalb der genannten Markungen auf dem Main in einem Schelch mit zwei Mann fischt, dem Fürstbischof jährlich einen Gulden „für einen dinstfisch“ zu reichen habe. „Fert oder fischt, er aber allein in einem Schelch, gibt er nur 1/2 Gulden …“

Für die Würzburger Maindörfer des Amtes Rothenfels ist für das 16. Jahrhundert noch keine Fischerei- bzw. Zunftordnung nachweisbar, obwohl sicher ein zunftmäßiger Zusammenschluß der Fischer bestanden hat. Zu Ende des 16. Jahrhunderts war für die Fischer des Amtes Rothenfels die Fischereiordnung des Fürstbischofs Julius Echter von Mespelbrunn (1573 – 1617) vom 1. April 1578 maßgebend. Mit einer eigenen Ordnung wird die Fischerzunft Rothenfels 1615, Juli 14, erstmals urkundlich greifbar.

Auch hier wieder: Erst 145 Jahre nach der Ersterwähnung wird in Rothenfels eine Zunft gegründet.

Aber warum gab es in Flörsheim keine Zunft? Und hatten die Flörsheimer Fischer überhaupt das Recht, auf dem Main zu fischen?

Das Recht der Flörsheimer Fischer, im Main zu fischen

Ich beginne mit einem Zitat aus dem Buch „Das Recht der Binnenfischerei“ von Ernst Cahn, 1956

„In frühgeschichtlicher Zeit und im Mittelalter war der Fisch eines der wichtigsten Nahrungsmittel. Der Fischreichtum muß vor tausend Jahren unvorstellbar groß gewesen sein. Fische standen jederzeit als Nahrungsmittel zur Verfügung, ihr Fang war mit den einfachsten Mitteln möglich. Es ist darum begreiflich, wenn die Menschen ihre Wohnplätze am Meer, an Binnenseen oder an größeren Flüssen wählten, wo ihnen neben anderen Vorteilen das Nahrungsmittel ‚Fisch‘ im ausreichenden Maße zur Verfügung stand.

Zwei Umstände haben zu einer Ausweitung des Fischfangs Anlaß gegeben: Die Fastengebote der christlichen Kirche und die Ausbildung der weltlichen und geistlichen Grundherrschaft, die in großem Umfang die Teichwirtschaft einführte.

Was wir aber in der Frühzeit vergeblich suchen, ist ein Recht des Fischfangs: Das liegt wohl nicht am Fehlen oder dem Verlust von Quellenmaterial, sondern daran, daß es ein solches Recht nicht gegeben hat, weil kein Bedürfnis danach bestand.

Solange ein Gut in solchem Maße vorhanden war, daß es jedem in unbegrenzten Maße zur Verfügung stand, solange bedurfte es keiner Abgrenzung der Interessen durch eine Rechtsordnung.

Den Rechtszustand, der hinsichtlich der Fischerei in der Frühzeit herrschte, kann man als den Zustand der Fischereifreiheit oder Freifischerei bezeichnen.

Manche Erscheinungen aus der Frühzeit des Fischereirechts wie das Bannrecht der Könige und Grundherren lassen sich nur aus diesem ursprünglichen Rechtszustand begreifen.

In der ersten Richtung bleibt festzustellen, daß das mittelalterliche Fischereirecht fast durchweg nicht Gesetzes-, sondern Gewohnheitsrecht ist.

Zum anderen muß man sich davor hüten, bei der Erörterung der geschichtlichen Entwicklung des Fischereirechts das Recht für sich als eine isolierte Erscheinung zu betrachten; man muß es vielmehr ansehen als Teil der geistigen und materiellen Kultur des Volkes, das getragen und gespeist wird von den Kräften dieser Kultur.“

Im genannten Buch entwickelt der Autor die Geschichte des Binnenfischereirechts im deutschen Kulturgebiet im Mittelalter und unterscheidet scharf zwischen dem Fischereirecht in schiffbaren Flüssen und in Teichen und Bächen. Zum Fischereirecht in schiffbaren Flüssen schreibt er:

„Nach einer weitverbreiteten Auffassung bestand im frühen Mittelalter wie auch im Hochmittelalter der Zustand der Fischereifreiheit. Bezüglich kleinerer Wasserläufe wurde angenommen, daß sie Teil der Allmende ausgemacht hätten, das Fischereirecht demzufolge ein Teil der jeden Markgenossen zustehenden Allmendnutzung gewesen sei. Für die schiffbaren Flüsse behauptete man ein weitgehendes Gemeinfischereirecht, das erst im 13. Jahrhundert dem Bannrecht des Königs gewichen sei.“

Und weiter:

„Freilich war im Spätmittelalter mehr und mehr einfach die königliche Machtstellung Grundlage für ihre Fischereirechte an schiffbaren Flüssen und das Gleiche gilt in den letzten Jahrhunderten des Mittelalters von den mehr und mehr erstarkten Landesherren. Es entstand damals das, was man das Fischereiregal genannt hat, d. h. das ausschließliche Recht auf Aneignung der Fische in einem Gewässer.

Und etwas später kann man lesen:

Am Untermain läßt sich das königliche Fischereiregal noch bis zum Ende des 16. Jahrhunderts und darüber hinaus verfolgen. So verlieh noch 1483 Kaiser Friedrich III. der Stadt Frankfurt a. M. durch Privileg das Recht des Fischens im Main und Kaiser Rudolf II. verlieh der Stadt Schweinfurt a. M. ein weitgehendes Fischereirecht.

Zum Fischereirecht an nicht schiffbaren Flüssen und an den Bächen im Mittelalter schreibt Kahn:

  „… ergibt sich nun zwar, daß es im Mittelalter Gemeinfischereirecht und Markungsfischereirecht an nicht schiffbaren Flüssen in ziemlicher Zahl gegeben hat, aber ebensosehr mit unumstößlicher Gewißheit, daß der Grundherr im Mittelalter normalerweise Inhaber des Fischereirechts an nicht schiffbaren Flüssen und Bächen, meistens des Großfischereirechts an solchen, gewesen ist.    

Als Eigentümer des den nicht schiffbaren Fluss umgebenden Grund und Boden nahmen sie ohne weiteres auch das Fischereirecht, selbst wenn es ihnen nicht ausdrücklich verliehen war, als Bestandteil des Grundeigentums in Anspruch.

Ich möchte es mit diesen Auszügen bewenden lassen und mich nun dem Recht der Flörsheimer Fischer zuwenden und das heißt: Die Fischereirechte bekamen unsere Fischer vom Besitzer des Fischwassers, also des Mains – und nun wird es interessant: Da das Erzbistum Mainz erst im Jahre 1425 den Mainfluss in Besitz nahm, mussten die Fischereirechte in den vielen hundert Jahren davor von einem anderen Grundherren vergeben worden sein. Und das war der Vogt des Bannforsts Dreieich!

Hierzu aus den „Aschaffenburger Gerichtsblätter Nr. 1, 7. Jahrgang 1. Januar 1914“ Auszüge aus einem Beitrag „Das Fischereirecht auf dem Untermain“ von Franz Thümlein über den Bannforst Dreieich:

In einem Weistum von 1338 sind die Grenzen des Bannforstes beschrieben, an Stelle von Thümleins sehr ausführlicher Beschreibung hier ein Bild mit den Grenzen des Bannforstes aus dem Jahre 1744.

Auf dem nächsten Bild sehen wir es etwas besser.

Thümlein schreibt:

Es gehörten also nach der alten Gaueinteilung zum Banngebiete Teile des Oberrheingaues, des Nidda- oder Niedgaues und des Maingaues, nach heutiger Bezeichnung der nördliche Teil der hessischen Provinz Starkenburg, Gebiete der preußischen Provinz Hessen-Nassau und des bayerischen Regierungsbezirkes Unterfranken und Aschaffenburg.

Das ausschließliche Recht des Fischfanges in den von den Grenzen solcher Bannforste eingeschlossenen Gewässern war ein Bestandteil der sogenannten Regalienrechte (jura regalia), worunter man ursprünglich nur die dem Könige allein zustehenden Rechte verstand. … Obgleich nun der Main von seiner Mündung an bis Aschaffenburg zum weitaus größten Teil nur die Grenze des Reichsbannforstes Dreieich bildete, so nahmen doch anfangs die Kaiser selbst und späterhin ihre Wildbannvögte des Forstes Dreieich die Fischereigerecht-samen für diese ganze Strecke und die ganze Breite des Flusses in Anspruch.

… über große reviere und ströme behaupteten die fürsten schutz und bann“. Wie eben auch die anderen Fürsten und Herren im Bereiche ihrer Herrschaft Wildbann und Fischereirecht allmählich ganz in ihren meist unwidersprochenen Besitz überführten, so eigneten sich natürlich auch die Kaiser schon in frühester Zeit diese Rechte in den ihrer Macht mittelbar oder unmittelbar unterstellten Gegenden an.

Doch hatte nur der König, später der Kaiser, das Recht, einen freien Wald als Bannwald zu erklären und die Herren, die Ansprüche auf den Wildbann erhoben, mussten sich diesen jedesmal erst vom Kaiser bestätigen lassen.

Auf solche Weise ist die Fischerei in öffentlichen Gewässern beinahe in ganz Deutschland im Verlaufe dieser Entwicklung ein Regal geworden.

Den ersten Nachweis für den tatsächlichen Besitz dieser Rechte über den Main gibt eine Urkunde Kaiser Ottos III. vom 9. Mai 994, worin er den Chorherren von St. Salvator in Frankfurt a. M. die königliche Fischereigerechtigkeit im Mainflusse dergestalt verleiht, daß ihnen alle Fische gehören sollten, welche von den Fischern auf irgend eine Art – mit Netzen, Hamen, Reußen – am Freitag gefangen würden.

Späterhin übte das Verfügungs- und Verleihungsrecht über diese Fischerei der Reichsvogt des Bannforstgebietes Dreieich aus (1338). Die Grafen und Vogte von Hagen, später von Münzenberg genannt, die anfänglich als Vogte des Reichsbanngebietes Dreieich nur Beamte des Reiches waren, später aber dieses Amt vom Kaiser zu Lehen erhalten hatten, genossen das Jagdrecht und alle übrigen Kaiser und Reich in diesem Forste zuständigen Rechte; ihre Nachfolger befestigten sich in deren tatsächlichen Besitz durch eine Jahrhunderte andauernde Verjährung.

1174 verlegte Cuno IV. von Hagen seinen Sitz in die von ihm neu erbaute Burg Münzenberg, während der für den Dreieicher Wildbann bestellte Forstmeister – meist dem niederen Adel der Umgegend angehörig – das Schloß Hayn in Dreieichenhain bezog.

Der vielen Hunde wegen, die sie zu halten verpflichtet waren, wurden das Schloss vom Volkswitz des „heiligen römischen Reiches Hundestall“ genannt.

Die Grafen von Isenburg entsagten 1642 allen ihren bisherigen Jagdgerechtigkeiten auf Hessen-Darmstädtischen Gebiete und behielten sich nur ihre bisherigen Wildbanngefälle vor. Auf solche Weise war nun der uralte Bannforst der deutschen Könige endgültig zerrissen. Der Verfall der Fischergerechtigkeit war schon im Laufe des 16. Jahrhunderts, hauptsächlich in dessen zweiter Hälfte, vor sich gegangen, indem die Besitzer der einzelnen Teile des früheren Reichsbanngebietes hauptsächlich Kurmainz, sich auch unter mancherlei Vorwänden den Wildbann mit dem Fischereirecht in ihren Gebieten aneigneten.

Wir sehen hier die Grenzen des Wildbanns am Untermain, wir sehen Flersheim, Ettersheim, Hochheim und die Grenze des Wildbanns mitten im Fluss, so dass die Fischrechte der Dreieich eigentlich nur für die linke Mainseite vergeben werden durften, aber das wurde wohl nicht so genau genommen.

Thümlein schreibt weiter:

Bis ins 16. Jahrhundert hinein haben tatsächlich die Vögte des Dreieicher Wildbannes auch oft die Fischereigerechtigkeit auf dem Main gegen Entrichtung eines gewissen Zinses vergeben. So wurde den Mainzer Fischern gegen eine gewisse jährliche Abgabe die Fischerei im Maine von Mainz bis Aschaffenburg bist spät ins 16. Jahrhundert verliehen. Daneben erlaubten die Vögte den Fischfang auch den Frankfurter Fischern unter der Bedingung, daß diese ein Drittel der gefangenen Fische an sie abzuliefern hätten. Als die Frankfurter jedoch zu Anfang des 15. Jahrhunderts sich weigerten, dies zu tun, gestattete ihnen späterhin auf ihre „ungleichen Vorstellungen und Neben-Wege hin“ Kaiser Friedrich III. unterm 3. März 1483 ausdrücklich „die Fischweydt den Mayn hinab biß in den Rhein, und den Mayn hinauff, so ferr sie die erreichen möge (so weit sie eben zu fischen vermöchten) und als dies herkömmlich sei.“ Da die Isenburger diese Verleihung als zu Unrecht erfolgt nie anerkannten, gab es fortwährend Streitigkeiten zwischen ihnen und der Reichsstadt Frankfurt. Dagegen bekannten sich die Mainzer Fischer in einem Schreiben von 1517 (oder 1671?) noch schuldig zu der altherkömmlichen Abgabe an die Wildbannherrschaft und beschwerten sich nur über die Forderung von einem Essen Fische, welches die hessischen Befehlshaber zu Rüsselsheim in Anspruch nahm; anfänglich hatten nämlich die Mainzer Fischer bisweilen dort den hessischen Beamten auf ihren Zuruf ein Essen Fische verabreicht, woraus man später ein Recht herleitete und dies zu erzwingen suchte.

An Kurmainz wurden nie die kaiserlichen Bannrechte über das in Betracht kommende Gebiet verliehen.

Es ist auf den ersten Blick auffallend, daß die Fischer der einzelnen Uferorte von den Inhabern des Wildbannes so weite Strecken zur Ausübung ihrer Fischerei eingeräumt erhielten, in welcher Ausdehnung sie von ihren Berechtigungen doch keinen vollen Gebrauch machen konnten. Dieser scheinbare Widerspruch ergab sich infolge der geschichtlichen Entwicklung dieses Fischereirechtes. Der Vogt des Bannforstes Dreieich, der die Fischereiberechtigung für die ganze Mainstrecke von Aschaffenburg bis Mainz inne hatte, erteilte denen, die darum nachsuchten und das Fischgeld bezahlten, ganz allgemein das Recht auf dem Maine zu fischen, soweit eben der Strom zum Banngebiet gerechnet wurde. Es war in der frühesten Zeit nicht üblich, den Fluss in einzelne Fischereibezirke abzuteilen und diese den Fischern bestimmter Orte zuzuweisen. Wir sehen darin noch die uralte germanische Rechtsauffassung fortdauern, nach welcher Feld, Wald und Wasser im Gemeinbesitz (der Mark) befanden, und auch nachdem die Fürsten das ausschließliche Nutzungsrecht über Wälder und Flüsse in ihren Besitz genommen hatten, wurden diese Rechte, wie das Fischereirecht, immer noch in seiner Gesamtheit und über das ganze von der Herrschaft beanspruchte Gebiet weiterverliehen und auch ausgeübt.

Die Umstände führten es jedoch mit sich, daß die Berechtigten ihr Recht nicht in seiner ganzen Ausdehnung ausüben konnten; so fuhren die Mainzer Fischer nicht einmal bis Frankfurt herauf, obwohl ihr Recht doch bis Aschaffenburg reichte. Es genügte schon die kleinere Strecke, etwa bis Rüsselsheim, ihren Bedürfnissen und überdies wäre es sehr umständlich für sie gewesen, sich mit ihren Fischerkähnen in solche Entfernung von ihrer Stadt zu begeben. Aus diesen durch die Verhältnisse gebotenen Beschränkungen auf ganz bestimmt abgegrenzte Gebiete entwickelte sich im Laufe der Zeit ein Gewohnheitsrecht, nach welchem sich für die Folge die Berechtigungen der Fischer der einzelnen Uferorte bestimmten.

Diese Darlegung der Ableitung des Fischereirechts auf dem unteren Maine läßt noch manche Lücke offen. Der … dabei führende Gedanke war, dieses Recht in seiner engen Verbindung mit dem alten Königsforst Dreieich klarzulegen und zu zeigen, daß seine Entwicklung eine ganz eigene, von den Schicksalen der Fischereigerechtigkeit in anderen Gewässern und anderen Gebieten verschieden war.“

Hier noch ein Auszug aus dem Buch „Das Fischrecht der Würzburger Fischerzunft am Main“; ich durfte darin blättern und konnte auf  Seite 102 lesen:

Aus den schriftlichen Zeugnissen aus dem 17. und 18. Jahrhundert lässt sich die Fischerei der Dorffischer wie folgt beschreiben: Die Fischer durften innerhalb der Markungsgrenzen ihres Dorfes fischen. Als Werkzeuge waren nur das leichte Gezeug zugelassen. (hjg: Also keine Stellnetze, keine Zugnetze und keine Fachen.) Zum Teil wird die Fischerei als für den Hausgebrauch und nicht zum Verkauf beschrieben. Diese Beschränkungen galten nicht, wenn die Fischer für die Ausübung der Fischerei innerhalb der Markungsgrenzen Abgaben an den Territorialherren entrichteten.

Die unzünftigen Fischer konnten schließlich andere Fischer von dieser Art der Fischerei nicht ausschließen. Ebenso wie die Ausschließlichkeit war die Beschränkung der Fischer auf ihre Markung nicht unumstritten, wie Auseinandersetzungen im 18. Jahrhundert zeigten. Als Ergebnis hat sich jedoch für die unzünftigen Fischer die Beschränkung auf ihre Gemarkungsgrenzen bestätigt.

Dadurch dass die Flörsheimer Fischer durch die genannten Prozesse schließlich das Recht erhielten, bis Okriftel und bis hinunter nach Kostheim zu fischen, dass sie also über ihre Dorfgrenzen, über ihre Markung hinaus fischen durften, kann man annehmen, dass sie sich als zünftige Flörsheimer Fischer auch ohne Zunft auszeichneten.

Aus „Zur Geschichte der Mainzer Fischerzunft“ noch einige Zitate:

Solange die Könige bzw. ihre Bannvögte die ausgedehnten Banngebiete verwalteten, kam es in den Ortschaften an Main und Rhein nicht zur Bildung gemeindlichen Berufsfischertums. Am Main entstanden die Fischergemeinschaften, Brüdergemeinschaften oder Fischerzünfte alle erst im 13. und 14. Jahrhundert, oft auch noch später. Wann die erste Fischerzunft in Mainz entstand ist ungewiß. Eine organisierte Gruppe der Schiffer gab es seit 1300; es ist aber zu bezweifeln, daß die Fischer darin eingeschlossen waren: befehdeten sich doch diese beiden Berufe in den folgenden Jahrhunderten häufig und wurden erst am 15. Januar 1755 mit den Seilern in einer Zunft vereinigt.

Anfänge eines Zunftwesens bezeugt eine Urkunde vom 15. Juli 1388, in der neben den – Gruppensiedlung andeutenden – Straßennamen Fischer- und Heringsgasse „der fyscher drinckhus“ erwähnt wird, wohl ein Gemeinschaftshaus, das auch am 30. Juni 1400 als „an der fyscher drenghuse“ erscheint. Am 6. Juni 1434 wird mit Henne Flesser und Jeckel Alden, „zunfftmeister und zunfftgeselle der Oberfischerzunfft“ und der Fischer „zunffthus“ deutlich die Existenz einer Fischerzunft bezeugt. Auch am 23. Dezember 1444 werden unter den Zünften die Oberfischer, die Fischkeuffer (-händler) und die Seiler aufgeführt. Alle diese Hinweise zusammen machen deutlich, daß entgegen der allgemeinen Annahme in Mainz schon vor 1476 eine Fischerzunft bestand, wahrscheinlich schon vor 1388. In ihrer Entstehungszeit reiht sie sich somit in die frühen mainischen Fischerzünfte ein …

Die Verlautbarungen des Berthold von Henneberg

Jedem geschichtlich Interessierten in Flörsheim ist der Name Berthold von Henneberg geläufig: Als demjenigen Mainzer Fürstbischof, der den Bau des Kasteler Landwehrs angeordnet und den Bau der Flörsheimer und drei anderer Warten durchgesetzt hat. Doch bevor Berthold von Henneberg ab 1484 in Mainz residierte, war er seit 1474 zehn Jahre lang Dechant in Hochheim. Und als Dechant verfasste er im Jahre 1476 eine Verordnung, die Fischerei im Mainzischen, also auch in Flersheim betreffend.

Den Hinweis auf diese Verordnung fand ich in der vorerwähnten „Geschichte der Mainzer Fischerzunft“ unter der Überschrift „Die Zunftordnung der Fischer und Seiler von 1476“.

Die vom Kurfürsten Bertold Von Henneberg 1476 (hjg: Das ist falsch, denn 1476 war Henneberg noch kein Kurfürst, sondern Dechant in Hochheim!) erlassene „Zunftordnung der Fischer und Seyler“ befindet sich jeweils in einer Abschrift im Stadtarchiv Mainz und im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Die 40 Artikel der Zunftordnung geben zahlreiche Einblicke in das Leben der Fischer und sollen daher hier auszugsweise referiert werden.

Für die Zeit der Abfassung ist sehr bezeichnend, daß diese Ordnung der christlichen Fischerzunftbruderschaft mit Vorschriften über die Beerdigung von Zunftmeistern, über die Fronfasten, Seelmessen, Kerzen und „sonstiger notturftigkeit“ beginnt. Die Mitglieder der Bruderschaft sollten auch kein anderes Handwerk üben wie alle Bürger in Mainz. Und wenn ein Fremder (Fischer) nach Mainz komme und der Bruderschaft angehören wolle, so solle das ein frommer, ehrbarer, verheirateter Mann sein. Er habe dann auch an die Zunft 6 Pfund Heller, 2 Pfund Wachs für Kerzen und 10 Schilling Heller für einen Trunk mit den Meistern und Gesellen zu geben. Bei nicht rechtzeitiger Zahlung oder Nichterfüllung der Voraussetzungen solle er ausgeschieden werden und das etwa teilweise bezahlte Geld verlieren. Die Gebühren seien ebenso von einer Meisterwitwe, die wieder heiraten wolle, auch von deren Sohn oder Tochter bei jeder Ehestandsänderung, auch von zeitweise aus der Zunft ausgetretenen und wiedereingetretenen Meistern zu fordern. Und wenn ein Zunftmeister einen „Werknecht oder Knaben“ zum Anlernen nehmen wolle, dem habe der Lehrjunge vor Arbeitsantritt ebenso die besonders dafür bestimmten Gebühren für Wachs, Kerzen und einen Umtrunk mit den Meistern und Gesellen zu zahlen. Der Lehrjunge solle ehrlich, auch „frei von Missetat und lästerlicher Befleckung“ sein.

Auch sollen die Zunftmitglieder grundsätzlich allein dem Kurfürsten, dessen Nachkommen und Stift verbindlich sein und dem Erzbischof jeden Schaden fernhalten. … Ebenso habe jeder, der unehelich sei, im Ehebruch sitze oder sonst mit Missetat und Laster befleckt sei, der Zunft fern zu bleiben.

Der jeweils tätige Amtmann habe alle zwei Jahre zwei Brudermeister auszuwählen als Leiter und Betreuer der Zunft, die alljährlich zu den vier Fronfasten Vorschriften zu machen, zu rügen, zu richten, zu strafen und zu büßen hätten, was der Zunftordnung widerspreche. Die Zunftmeister hätten auch keine heimlichen Versammlungen oder Verbindungen aufzunehmen, sondern in allem nach Weisungen des Amtmannes und der kurfürstlichen Delegierten zu handeln. Fernbleiben von einem Fronfasten (Quatemberfasten) sei mit einem Ort eines Gulden zu strafen. Ebenso seien Schädigungen, Streit, Lohnentzug, das „Abspannen“ eines Hauses oder Erbes, ungebührliches Verhalten usw. durch den Brudermeister dem Amtmann zur Bestrafung zu übergeben. Dieser habe auch über Beurlaubungen zu entscheiden. Zu einem angesetzten Trunk zu kommen, sei weder für Alt noch Jung Pflicht, niemand dürfe dazu gezwungen werden.

Fronfasten, auch Quatember: dreitägige Fasten, Fasttage, die das kirchliche Jahr in vier Jahreszeiten teilen; sie fallen auf den 1. Mittwoch, Freitag und Sonnabend je nach Aschermittwoch, Pfingsten, Crucis oder Kreuzerhöhung 14. September, Lucia 13. Dezember.

Nicht nur im Mainzer Gebiet, sondern auch sonst am Main, war der Vorkauf und der heimliche Fischhandel nach anderen Orten verboten. Kein Fischer oder Fischkäufer, weder ein einheimischer noch ein fremder, solle im Burgbann von Mainz oder den Rhein aufwärts bis an die „Bömscheburg“ und den Main bis an die Koßbach Fische unter 2 Pfund Heller „auf Vorkauf“ kaufen, sondern diese Fische durch die Verkäufer selbst zum Fischmarkt in Mainz bringen lassen. Ebenso war jeder „heimliche Markt“ sowie das Geldgeben oder Leihen für solche Käufe oder Verkäufe gegen Strafe verboten.

Kein Mainzer Fischer dieser Bruderschaft dürfe mit einem „Usmärker“ fischen oder Fischgarne oder „gezeug“ leihen. Von Samstag, „wenn‘ die Sonne zu gnaden geht“ bis Montag Morgen habe jeder Fischer und Fischkäufer der Zunft nicht zu fischen, sondern zu feiern. Und jeweils vier Fischer oder Fischkäufer der Bruderschaft sollten sich am Fischwerk teilen, also Gemeinschaft haben, aber nicht mehr.

Bezüglich des Kaufs oder Verkaufs von Salmen gab es besondere Vorschriften. So sollten am Salmenfang die einheimischen Fischer nur zu Zweien teilhaben, soweit es sich um Fische von fremden, ausländischen, also nichtmainzischen Fischern handle.

Schließlich setzt die Zunftordnung fest, daß alle Gelder, die für Wachs, Trinkgeld, auch von Fremden, von Witwen, Meistersöhnen und -töchtern, für Knechte und Knaben, für Mißhandlungen, Bußen und Strafen für die Bruderschaft übernommen wurden, bestverwahrt in eine gemeinsame Büchse geworfen, nicht angegriffen, vertrunken, verzehrt oder leichthin verwüstet werden sollten. Und die Brudermeister dieser Bruderschaft sollten jährlich ihm, dem Grafen und Herrn zu HENNEBERG über alle Einnahmen und Ausgaben „genügliche Rechnung thun „. Und wenn es in Zukunft unter den Zunftbrüdern Irrtum (Meinungsverschiedenheiten) geben sollte, über die diese Ordnung nicht hinreichend Auskunft gebe, dann sollten er, der Bischof, der Amtmann Entscheidung treffen, strafen und Ordnung schaffen.

In diesem Sinne wurde die Zunftordnung mit des Kapitels Siegel versehen am Samstag nach dem St. Udalricus-Fest 1476. Unterzeichnet ist sie von Petrus Jacobus, Hofgerichts- und Ratsschreiber.

Der Zunftordnung beigefügt ist eine Nachschrift von Heinrich von Selboldt, „Vicedom* und Hofrichter zu Mainz und den Zwölfern des Rats daselbst“, in der die Bedingungen des Fischer-Meisterstücks niedergelegt sind. Der Vicedominus Moguntinus war verantwortlich für Mainz und dessen Hinterland, den Rheingau und die Besitzungen von Mainz, er war der oberste Beamte in der Regierung des Erzbischofs.

„Erstlich soll ein jeder fremder, so ledigen standts unnd sein handwegk redlich gelernet allhie zu Maintz burger unnd zunfftig zu werden begert, zu forderst nach den Lehr jarn zwey jar alhie einem meister desselben handtwergks gearbeit und gedienet haben.

Und denn solle ein jder, er sey frembder oder heimischer, ehe unnd zuvor er jn der zunfft uff und angenomen wirtt, zu einer prob und meisterstuck machen.

Nemlich solle er ein Fischgarn, wie man es zu Rhein führen salle, ane bericht oder underweysung stellen.

Zum andern ein Spansack stricken, ehrn und stellen, wier er gehörtt.

Zum dritten ein Stäckelhamen sonder jnsetzen strickhen.“

Im Jahr der Einführung der Zunftordnung gehörten der Fischer- und Seilerzunft 28 Mitglieder an, wobei die Fischer in der Überzahl waren. 1614 werden 34, 1688 schon 46, 1740 sogar 66 und 1762 angeblich 74 Mitglieder genannt. Die Fischer wohnten in der heute noch bestehenden Fischergasse unmittelbar am Fischtor. Das Zunfthaus „Zum Schwarzen Raben“ (Kapuzinerstr. 25) wurde 1755 wegen Verschuldung der Zunft aufgegeben. Sie zogen in die Herberge „Zum Goldenen Anker“ („Römischer König“, Grebenstr. 26). Dazu wurde der alte Zunftbesitz an die Zunftmitglieder versteigert.

Das Salmengäßle, die Heringsbrunnengasse, die Weihergartenstraße, die Nasengasse (nach dem Fisch „Nase“), die Hänleinsgasse (nach einem Fischergeschlecht) erinnern noch heute an die ehemalige Bedeutung der Zunft. Der allgemeine Fischmarkt fand ‚bis 1875 auf dem Fischtorplatz statt, ursprünglich vor der Mauer auf dem schmalen Streifen zum Rheinufer. Die Fischtorstraße, früher „An der Fischpforten „, führte durch den Fischturm zum Liegeplatz der Fischer am Rheinufer.

Im großen und ganzen scheint sich die Zunftordnung bewährt zu haben; jedenfalls liegen aus der folgenden Zeit nur wenige Nachrichten über die Mainzer Fischer vor. Von besonderem Interesse sind nur einige Fischordnungen von dem an der Fischerei anscheinend besonders Anteil nehmenden Bischof Bertold 1500 und aus späterer Zeit.

Das war die Verordnung, die Berthold von Henneberg 1476 als Dechant in Hochheim gegeben hat und nun folgt seine Fischordnung von 1500, da war er Kurfürst in Mainz.

Hier das Wesentliche dieser Fischordnung: Sie beschäftigt sich mit den Geräten, Gezeug genannt, die zum Fischfang erlaubt oder verboten sind und damit, wann erlaubte Geräte in welchem Zeitraum verwendet oder nicht verwendet werden dürfen.                           

  Die „Spangezaue“ sollen nicht gebraucht werden.

Spangezau sind die vorgenannten großen Zugnetze.

Die Rüstbrett sollen von St. Petri Stuhlfeiertag bis auf St. Bartholomäi nicht gebraucht werden, da sie in dieser Zeit großen Schaden anrichten. (hjg: Also vom 22. Februar bis 24. August.)

Rüstbrett sind wie Eggen mit Netzen, die über überflutetes Land gezogen werden, die dort laichenden Fische einsammeln und die Brut zerstören

Nur sechs Fischer dürfen gleichzeitig zum Fischen fahren. Kein Fischer darf über hundert Reusen legen und alle sollen sein eigen sein. Auch soll altes Gezeug im Fluss weggeräumt werden.

Keiner soll einen jungen Hecht fangen vor St. Bartholomäi und keinen jungen Fisch vor St. Jacobstag. (hjg: (Also vor dem 25. Juli.)

Man soll auch mit keinem Leggarn fischen, außer von Pfingsten bis St. Jacobstag nur Dienstag und Donnerstag.

Auch soll nachts kein Netz gesetzt werden und man darf keinen Fisch stechen weder am Tag noch bei Nacht.

Auch soll man nicht im Fluss schwimmen vor St. Jacobstag.

(hjg: hier steht „schwemmen“, das heißt nicht ins Wasser gehen?)

Wer solches übertritt und entdeckt wird soll sein Gezeug verlieren und vier Gulden Strafe zahlen.

Nun soll man natürlich nicht glauben, dass von Henneberg oder ein anderer Herrscher die Fisch- und Zunftordnungen sozusagen „erfunden“ hat. Nein, die Ordnungen schreiben nur fest, was bei den Fischern seit Jahrhunderten Gewohnheit war, um das Fischen mit der richtigen Ausrüstung so zu betreiben, dass der Fischnachwuchs geschont und erhalten wird.

Die späteren Ordnungen zeichnen sich besonders durch drastische Bestrafungen aus, z. B. Pranger, Turm, Landesverweisung, Auspeitschen mit Ruten. Auch sind die Fischordnungen nicht etwa auf Schonung der Fischbestände zugeschnitten, sondern ausschließlich auf Marktkontrolle

Hier als Beispiel noch die Fischordnung von Kurfürst Daniel vom 8. Januar 1573. Daniel Brendel von Homburg (*22. März 1523 in Aschaffenburg; † 22. März 1582 ebenda) aus der Familie Brendel von Homburg war ab 1555 Kurfürst und Erzbischof von Mainz.

Das Wesentliche daraus: Die Ordnung ist gemacht für die Fischer,

„… welche in unserer Obrigkeit auff dem Mainstram den fischfang zu suchen haben/verbottene und schedliche gezaw oder zeug gebrauchen/dardurch der fisch auffgetrieben/ unruwig gemacht/und anderen herschaften da er sein ruhe und hege findet zugejagt/und daselbst mit hauffen gefangen werden.“

Und an anderer Stelle: „Und da jemandts/wer der auch were/darwieder zu thun und zuhandlen understehen/und in uberfahrung ergriffen würd/denselben mit pfandungen/thürn oder geltstraffen nach gelegenheit der obertrettung/zu abtrag ungehorsam anzuhalte/zu zwingen und in solchem keines zu verschonen/noch zu übersehenn/Sonder ob dieser unser erneuwerten fischordnung mit gepürendem ernst und fleiß zu halten/und dieselbe festiglich zu hanthaben.“

Die Fischordnungen der Kurfürsten werden immer strenger und zielen mehr und mehr darauf ab, dass Verstöße gegen ihre Ordnungen streng bestraft werden.

Späterhin kommen Passagen hinzu, wie die von 1578 von Fürstbischof Julius, die das Handwerk der Fischer gegen andere am Main abgrenzen:

„Die Laus wadens und kleine wadtscheigen so von burgern, Heckern (hjg: Hecker oder Häcker: Das sind die Winzer und ihre Knechte und Tagelöhner, das Wort kommt vom unermüdlichen Hacken im Weinberg) und bauern unterglich gebraucht werden, sollen ernstlich abgethan und verbotten sein, bei Poen Zehen guldenn, uns verfallen.

Item Es soll auch den burgern, Heckern, bauern, sampt andern, so nit ins Vischer handtwerck gehörig, furter nit gestatt werden, das sie das Landt Eyse winterzeit auffbrechen. und hauwen, damit verödigung von schaden fügen, sondern verbotten sein, bei Poen Zehen Pfunt gelts, uns verfallen.

Soll den burgern, Heckern, bauern und andern sowohl als den fischern nit zu gelassen sein von Ostern bis auff Jacobi mit den dicken Hammen und henden zu fischen, daran das erfindtliche Verödigung der Rögel Junge visch geschicht, aber nach Verscheinung berürter Zeit Jacobi, so Jeder der kein fischer ist, mit gerürtem Hammen, doch mehr fisch zufahen nit macht haben, dan was er mit seinem gesindt geniessen mag, und mit nichtenn gestatt werden, das er solche gefangene fisch, wie bisanhero geschehn, verkaufft oder verschenkt bei der Poen Zwentzig Pfunt, uns verfallen.“

Das Flersheimer Fischerleben in der Zeit um 1500

Die Flersheimer Fischer fischten in der Flersheimer Markung, die Gemarkungsgrenzen genügten ihnen. Dort hatten sie seit unvordenklichen Zeiten das Recht zu fischen und im Lauf der Jahrhunderte hatten ihre Vorfahren das Handwerkszeug dafür geschaffen, um mit dem geringsten Aufwand den höchsten Ertrag zu erzielen: Nachen, Netze, Reusen, Fischbehälter.

Jeder Fischer leistete zur Aufrechterhaltung seines persönlichen Fischrechts seinen Fischdienst an den Dechanten in Hochheim als den Repräsentanten des Domkapitels und an den Wildvogt in Dreieich, der seinen Wildhüter nach Flersheim schickte, den Fischdienst abzuholen. Waren es Fische oder war es Geld? – das weiß ich nicht.

Wir können uns heute nicht mehr vorstellen, wie der Main damals ausgesehen hat mit seinen vielen Inseln, Sandbänken, Altarmen und dem Bewuchs an den Flussufern. Groß war der Fischbestand im Main gewesen, in vielen alten Schriften wird der Main wegen seines Fischreichtums gerühmt.

Die Fischer hatten Regeln, die sie vom Vater auf den Sohn übernommen hatten, sie hatten Lehrlinge, Gesellen, Meister, eine Trinkstube mit den Utensilien einer Zunft wie die Lade, die Kerzen, die Prozessionsstangen, sie hatten ihre Regeln für Beschlüsse nur bei geöffneter Truhe und Dokumente kamen hinein, und sie wussten was sie zu tun hatten, wenn einer von ihnen stirbt, wie sie das Jahr einzuteilen hatten nach den Namenstagen der Heiligen, um die Fischbrut und die jungen Fische zu schonen. Die Namenstage im Jahreskreis gaben ihnen ihre Tätigkeiten und Ruhezeiten vor nach Erfahrungen, die über Jahrhunderte hinweg die richtige Zeit des Jahres bestimmten, oft in Regeln ähnlich der Wetterregeln festgelegt.

Die Fischer waren ganz sicher nicht reich, sie hatten ihren Lebensunterhalt und sie konnten die Fische einmal in der Woche, wahrscheinlich mittwochs wie an anderen Orten, auf dem Marktplatz anbieten und verkaufen oder sie gegen Salz, Pech, Wein und notwendige Waren tauschen. Gewiss hatten sie alle noch eine andere Arbeit oder Beschäftigung, denn sie mussten und durften auch nicht zu jeder Zeit aufs Wasser. Man darf sie aber nicht als traurige Mannsleut in einer freudlosen Welt betrachten, sie hatten ihre Familie und sie hatten ihre Trinkstube in einer Schänke, in der oft Reisende saßen, Geschäftsleute und Prediger, Handwerksburschen und Gelehrte, Wallfahrer und Flüchtige, um zu essen und zu übernachten, und dann saßen die Männer abends zusammen und lauschten den Geschichten der Reisenden über die Schönheit der Lande, über armselige Dörfer und glanzvolle Städte und die schönen Frauen und die mächtigen Herren darin, aber auch über Mord und Totschlag, über Erscheinungen der Mutter Maria und der Engel und über das Handwerk anderer Fischer am Main, am Rhein und am Meer. Oft mussten Reisende die Nacht in Flersheim verbringen, die in Kutschen oder Fuhrwerken über den Fernweg von Wicker her über den Kreuzweg und mitten durchs Dorf zur Flörsheimer Mainfähre gekommen waren, zu spät am Abend, um noch überzusetzen, doch die Flersheimer Nähefahr würde sie am nächsten Tag auf den Schnelser Weg auf der anderen Flussseite bringen, denn in Rießelsheim gab es nur eine Fahr mit einem Nachen und sonst nichts.

Und da es in Flörsheim auch Bauern, Handwerker, Winzer, Händler, den Pfarrer und den Frühmeßkaplan gab, wird sich ein solcher Abend beim Wein wohl bis spät in die Nacht hingezogen haben, doch am nächsten Morgen werden die meisten von ihnen vor Beginn ihrer Arbeit sich in der Frühmeß und vor dem Altar der heiligen Jungfrau Maria wieder eingefunden haben.

Wie in der Zunftordnung einiger Gemeinden am Main beschrieben, wird auch in Flersheim zur Aufnahme in den Kreis der Fischer das Bürgerrecht, eheliche Geburt, ein guter Leumund und die Ehe erforderlich gewesen sein. Die Fischerkerze, die dort oftmals genannt wird und bei Prozessionen vom jüngsten der Fischermeister getragen wurde, gab es sicher auch damals schon und sie wird noch heute bei Prozessionen mitgeführt.

Im dreißigjährigen Krieg hatten die Flersheimer Fischer wohl alles verloren, auch ihre Lade und ihre Dokumente, und mussten sich danach wieder Nachen und Netze beschaffen; ich glaube, von diesen Verlusten haben sie sich nie erholt. Aus Dokumenten von1790 wissen wir, dass die Fischer einfach kein Geld hatten, eine Zunft zu gründen.

Hierzu ein Brief des Amtsverwesers in Hochheim an das Domkapitel in Mainz, die meiner Schilderung vom Leben der Fischer widerspricht:

Hochwürdig Hoch- auch Hochwohlgebohrene Reichsgrafen und Freyherrn gnadig Hochgebiethende Herrn

Zu der anlag lit. a. zeigt Amtsschultheiserey an, daß die zahl der kleinen Nachen unter dem Vorwandt einer zu treibenden Fischerey sich zu Flörsheim vermehre, welche aber eigentlich nur zu Holz und sonstigen falsch diebereyen gebraucht würden.

Durchgehend legen sich zu Florsheim jene auf die unbedeutende Fischerey, welche zu sonstigen Hand arbeiten zu faul sind. Sie liegen daher ganze Nächte in ihren Nachen, rauben aus der gemeinheits- und fremden Waldungen das Holz, welches sie wegen abgang des schannfuhrwesen(?) sonsten nicht fortbringen können, oder wenn sie der von keines finden, so halten sie sich an Kraut, rüben, obst, und trauben, auch wingerts pfählen schadlos.

Die Verminderung dieser verderblichen fischer Nachen ist daher nothwendig. ob, und in wie weit die von der der amts-schultheiserey hierzu gemachet vorschläge annahmlich, überlasse ich gnadiger hohen einsicht. Nur glaubte rathsamed, und wahrscheinlicher zu seyn, jenen, welche das Nachen halten zum fischen erlaubt wird, statt einer auf der Contrarention(?) … festzusetzenden geld straf, einzuschärfen, daß der Nachen, wann er irgend zu etwas andres, als bloß zum fischen gebraucht, wird, sogleich Confiserirt, und weder dem eigenthümer desselben, weder jenem, welcher solchen etwa gemiethet hat, die haltung eines Nachens fernerhin erlaubt werden soll.

Eines Hochwürdig gnädig Erz hohen Dom Kapitel

praesentl. in CaploMetrop Mog.

den 10ten February 1790

Später und nach den Prozessen streiten sich die Flörsheimer Fischer mit den großen Unternehmen am Main, die den Main verschmutzen und dafür zahlen sollen.

Doch die Auseinandersetzungen mit der Höchster Fischerzunft sind im Jahre 1924 vorbei, hierzu Vertrag und Brief wie folgt:

Vertrag zwischen Höchst und Flörsheim mit folgendem Wortlaut:

Vertrag

Zwischen der Fischereigenossenschaft zu Höchst a/M.

und

Herrn Franz Karl Peter Nauheimer in Flörsheim, Obere Mainstr. 24

wird folgender Vertrag geschlossen.

             Nach dem Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 26. Juni 1922

soll die Ausstellung von Erlaubnisscheinen zur Ausübung der

Fischerei an dritte Personen im Main von der Bonnmühle oberhalb Okriftel

bis zur Hochheim Kostheimer Grenze und zwar auf der zum

Freistaate Hessen gehörigen Hälfte des Flusses nur gemeinsam von der Höchster Fischereigenossenschaft und der Gemeinde Flörsheim

oder ihrem Pächter erfolgen. Die Gemeinde Flörsheim hat ihr

Fischereirecht an Herrn F. K. P. Nauheimer in Flörsheim verpachtet.

Wegen Ausstellung der Erlaubnisscheine wird daher das Folgende ver-

­einbart:

1) Die Karten zur Erlaubnis des Angelns für Sportfischerei

werden gemeinschaftlich von der Fischereigenossenschaft und

Herrn Nauheimer als Pächter ausgestellt und unterzeichnet.

Andere als solche gemeinschaftlich ausgestellte und unter-

zeichnete Angelkarten werden von keinem der beiden Teile aus­-

gegeben.

2) Herr Nauheimer gibt namens der beiden Vertragsschliessen-

den die Karten zum Preise von 10.- Goldmark aus; der Betrag von 10.­-

Goldmark ist sofort bar zu zahlen.

3) Der Erlös aus dem Verkauf der Karten fällt – nach Abzug der durch

Herstellung der Karten erwachsenen Kosten – der Fischereigenossen-

schaft Höchst und Herrn Nauheimer je zur

Hälfte zu. Herr Nauheimer rechnet am Schluss jedes Kalender-

vierteljahres unter Vorlage der Belege mit der Höchster

Fischereigenossenschaft ab und zahlt den auf sie entfallen-

den Anteil an die Fischereigenossenschaft Höchst aus.

4) Die Erlaubniskarten werden auf die Dauer eines Jahres aus­-

gestellt.

5) Vorstehende Vereinbarung kann von jedem Teil mit Frist

von einem Vierteljahr auf den Schluss eines KaIenderviertel-

jahres gekündigt werden.

6) Dessen zur Urkunde ist dieser Vertrag doppelt ausgefertigt

und unterzeichnet und jedem Vertragsschliessenden eine Aus­-

fertigung ausgehändigt.

Höchst a/M den 28. Dezember 1924

In diesem Zusammenhang ist interessant, dass am 24. Oktober 1925 die Höchster Fischereigenossenschaft/ Höchster Fischerzunft an das Hessische Ministerium des Innern, Abtlg. Jagd und Fischerei in Darmstadt folgendes schrieb:

 Die endunterzeichnete Höchster Fischereigenossenschaft

(Höchster Fischerzunft) fragen höfl. an:

               Ist das Ausstellen eines Fischereischeines des Kreis-

amt Gross Gerau ohne unsere, sowie dem Pächter der Flörsheimer Fischerei (Art. 36 des neuen Hess. Fischerei Gesetzes) berechtigt, die von beiden Vorständen unterschriebenen Angelkarten einzuziehen?

                 Zur Sache: Unsere schon Jahrhunderte bestehendes Fischereirecht, auch in den Hessischen Gemarkungen von Kelsterbach – Kostheim steht unwiderruflich durch die höchs­ten Gerichte anerkannt dar. Und als Eigentümer der Fische­rei steht uns sowohl, als dem Pächter der Gemeinde Flörs­heim das Ausstellen der Erlaubniskarten zu, jedoch der Fi­schereischein ist von dem Kreisamt Gross Gerau aufgrund der von beiden Teilen unterzeichneten Angelkarten (Fisch­karten) It. Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 26.Juni 1922) auszustellen (Art. 48 des H.J. G.)

   Wir sind der festen Überzeugung dass das Ausstellen der Erlaubnisscheine des Kreisamtes Gross Gerau auf Irrtum beruht, denn besagte Strecke ist doch Privatrecht der Höchs­ter und Flörsheimer Fischern. Durch das Ausstellen der Erlaubnisscheine seitens des Kreisamtes Gross Gerau (ohne dass die betroffenen Personen im Besitz einer von uns ge­gen eine Gebühr von Mk. 5.–. die zur Hälfte an den Pächter der Flörsheimer Fischerei entrichtet wird) entstehenden Schaden erheben wir Einspruch, da doch der Fischbestand des Maines Privateigentum ist.

In Erwartung Ihrer geschätzten Rückäußerung zeich­-

net mit aller Hochachtung

Höchster Fischereigenossenschaft

Höchster Fischerzunft

Der Vorstand

Karl Weingärtner

Hier und zum Schluss noch mal zum Speier, dem Fisch „Nase“ also:

Im Höchster Kreisblatt vom Freitag, 10. November 2017, war ein interessanter Bericht zu lesen über die Fischzählung im Main im Auftrag der Frankfurter Fischer- und Schifferzunft. Ich will nicht weiter auf den Artikel eingehen. Aber dort steht zu lesen, was ich in Verbindung mit der Gemündener Schifferzunft vorgetragen habe: Die „Nase“, der Fisch, der in Gemünden „Speier“ genannt wurde, sei früher ein typischer Mainfisch gewesen und vor 150 Jahren darin so häufig vorgekommen, dass man mit ihm die Felder gedüngt habe.