und die Hinrichtung seiner Mörder im Jahre 1769

Zeichnung: Franz Eberwein

Die Tatsachen um die Ermordung und die Hinrichtung habe ich in meinem Buch „Auf offener Straße“ zu einer lesenswerten Novelle verarbeitet; das Buch ist zum Preis von 14,95 € in der Flörsheimer Buchhandlung und bei mir erhältlich.

Die Protokolle: Übertragungen und Kopien der Originale

Hier finden Sie die Übertragungen der den Mord an Unterschultheiß Filtzinger betreffenden Protokolle des Mainzer Domkapitels, aufgehoben im Staatsarchiv Würzburg, gefolgt von den Kopien der Originale.

Beginnen möchte ich mit einer Urkunde aus dem Flörsheimer Kirchenbuch. Die Eintragung des Pfarrers Lamberti beschreibt den Mord an dem Unterschultheißen Johann Adam Filtzinger am 17. Februar des Jahres 1769 und die Hinrichtung der beiden Mörder am 20. Mai des selben Jahres.

Die Urkunde aus dem Kirchenbuch (die Kopie habe ich vom Diözesanarchiv des Bischöflichen Ordinariats in Limburg erhalten) sehen Sie unter 03Filtz.

Hier die Übertragung von Philipp Schneider vom Oktober 1958:

„Am 21. Februar 1769 hauchte Johann Adam Filtzinger, Bürgermeister dieses Fleckens, fromm im Herrn, seine Seele aus. Was seinen Charakter angeht, so war er ein ehrenwerter, gut gestellter, kluger und ausgezeichneter Mann, wie man nicht einen zweiten in diesem Ort finden kann. Ohne Rast setzte er sich für den hiesigen Neubau der Kirche ein.

Für dieses Werk sozusagen die äußerste Kraft einzusetzen, ging er am 17. dieses Monats in den Wald, um einige Eichen für den neuen Tempel zu fällen. Als er müde um die Mitte der 5. Stunde vormittags nach Hause zurückkehrte, wurde er auf offener Straße von Paul Müller, einem hundsgemeinen Einwohner und dessen verkommenen Sohn Martin Müller, der wenige Jahre vorher, als er Husar war, eine Bombe zum Explodieren gebracht hatte und dabei seine linke Hand verlor, mit gezückten Dolchen wütend angefallen. Diese Schurken brachten ihm an Kopf und Körper neun nicht geringfügige Wunden bei, sodass er darauf infolge der ungeheuerlichen Schmerzen der großen und bösartigen Wunden starb. Seinen Mördern verzieh er von Herzen … (undeutliche Stelle).

Er wurde mit den Sterbesakramenten versehen. Er hatte ungefähr 44 oder 45 Jahre gelebt. Seinem Leichenbegräbnis folgten alle wohlanständigen Leute unter Weinen über den bedauernswerten Mann. Die Täter wurden in derselben Nacht, an deren vorhergehenden Tag sie die Tat vollbracht hatten, auf der Stelle gefesselt ins Mainzer Gefängnis gebracht. Was für eine Strafe ihnen bevorstand, wird die Zeit lehren. Besonders, da der erwähnte Paul Müller zur Strafe des Mühltretens verurteilt worden war, ohne gebessert zu werden. Für die Nachwelt ist diese hässliche und höchst gemeine Tat dieser Leute ein Abschreckmittel und abschreckendes Beispiel. In der Tat war entsprechend der Straftat auch die Schwere des Urteils. Nämlich, am 17. Mai desselben Jahres wurde ihnen und an folgenden Tagen den Ihrigen das Todesurteil von dem Herrn Statthalter und dem Hofbeamten Corfilianus* mitgeteilt. Den Tod erlitten sie am 20. dieses Monats mit unglaublicher Heldenhaftigkeit und herzlicher Reue. (Ein jeder erlitt ihn durch Rad und Schwert). Der Jüngere richtet mit lauter Stimme eine Ermahnung an das Volk, das mit Tränen in den Augen dastand.

Diesem Schauspiel, in dem Vater und Sohn in der selben Stunde durch das Schwert hingerichtet wurden wegen des gemeinen Verbrechens an dem Herrn Bürgermeister, wohnten nach einer Schätzung etwa 10.000 Leute aus Mainz, Frankfurt und aus der Nachbarschaft zu beiden Seiten des Mains bei. Von diesen gingen die meisten wegen der tiefen Reue dieser (der Verbrecher) und zwar hauptsächlich wegen der Ermahnung des Jüngeren, des Martin Müller, der 27 Jahre alt war, unter Tränen nach Hause. Er sagte nämlich, sie seien durch einen Demagogen** aufgewiegelt worden. D. Schäfer, der Geistliche dieser (Anstalt?), P. Fröhling aus der Gesellschaft Jesu, P. Keller aus der Gesellschaft Jesu und Tolentius, ein Franziskaner, führten sie hinaus.“

* Corfilianus: Hier liegt eine Verwechslung mit Consiliario vor, dem Wort für Berater.
** Mit dem Demagogen ist Oberschultheiß Conradi gemeint.

Nun folgen die Übertragungen der Dokumente und danach die Dokumente selbst:

Auszug aus den Protokollen des Mainzer
Domkapitels,
aufbewahrt im Staatsarchiv Würzburg,
übertragen von Hans Jakob Gall

Alle nachfolgenden Dokumente aus Band 62

Seite 1031 – Dok.04Filtz

Sabathi den 18ten Februar 1769 in Ambitu (im Umlauf)

Präsenten

D: à Schüz
D: com: à Metternich
D:. com: à Leyen
D: à Bibra
D: à Zobel

die
verwundung des unter-
schultheißens Filtzinger
zu Flörsheim

auch
verhaftnehmung des Paul
Müller daselbst und
deßen Sohn

soforth
arrestierung deren vermögen
und anzustellende Inqui-
sition
betreffend

Ambts verweser zu Flörsheim zeiget unterthänig
ahn, daß der Housar Müller von Flörs-
heim, welcher den unterschultheißen Filtzin-
ger daselbst occasione des herrschaftlichen
befehls, vermög weßen allen nicht förmb-
lich auß- und ahngenohmenen ausge-
botten werden sollen, gestern mit schwähren

Seite 1032 – Dok.05Filtz

hieben in kopf und hand mishandelt
habe, nebst deßen vatteren Paul
Müller auf requisition des hiesigen
herren Gouverneurs durch ein Commando
in verwichener nacht anhero ins stock-
hauß gebracht worden sayn; da nun
aber der vatter unter das forum mili-
tare
nicht gehörig, mithin anderwährig
in verwahrung zu bringen sayn; also
wolle er hierunter näheren vorfall
gewärthigen.

Conclusum:Es wäre der hiesige herr Gouvern.
und general feld-zeugmeister Graf
von Lamberg umb verabfolgung des
Paul Müller an hiesigen gewalts botten-
ambt zu requirieren, dieses aber zu
ersuchen, daß es nicht nur denselben
auf deßen kösten in bürgerliche verwah-
rung bringen, sondern auch nahmens
eines hochwürdig-gnädigen Dom-Capitels
als orths herrschaft zu Flörsheim gegen billig-
mäßige belohnung die inquisition mit
demselbem vornehmen, und das darüber
zu verführenes protocollum ahn das selbe

Seite 1033 – Dok.06Filtz

zu seiner Zeith einschicken möge; inmittelst
aber solle ambts verweser zu Flörsheim
das gesambte vermögen des Paul Müller
sowohl als deßen sohns des Houhsaren in
beschlag nehmen, und solches genau notiren,
auch worinnen solches bestehe, ad Rdssmu
Caplu
 einberichten, auch übrigens dem
Inquisitori mit all-nötigen Subsidys ahn-
handen gehen.

Luna den 20ten Februar 1769

Präsenten:

D: Decano
D: Custode
D: Cantore
D: Com: áb Ingelheim
D: á Schüz
D: áb Hoheneck
D: Com: á Walderdorff
D: á Dahlberg Jun.
D: com: á Leyen
D: á Bibra
D: á Zobel

die
untersuchung deren von
Paul Müller und deßen
sohn ahn den unterschultheißen
Filtzinger verübten thätlichkeiten
betreffend

Ambts Verweser Kolligs zu Flörsheim zeiget
unterthg ahn, daß er unpäßlichkeits halber
die untersuchung deren jüngsthin von dem
Paul Müller und deßen Sohn ahn den
unterschultheißen Filtzinger daselbst ausge-
übten schwähren thätlichkeiten vorzunehmen
sich außer stand befindet.

Conclusum: Es wäre dahiesiges gewalts botten-
ambt fernerwarth dahin zu ersuchen,
daß das selbe sich der in dießer Sachen
in loco Flörsheim nöthigen vernehmung des
mishandelten unterschultheißens Filtzinger
sowohl als auch allen deren jenigen,
welche davon die aigentliche Kundschaft

Seite 1034 – Dok.07Filtz

besitzen, noe Rdssmi Capli gegen die ge-
bühr je ehender je beßer unterziehen möge,
inmaßen dann deren gesambten orths vor-
gesetzten zu Flörsheim hiermit zu gleich auf-
gegeben wird, vorgedachten gewalts botten-
ambt hierunter all-gedeyhlichen Vorschub
zu leisten.

Seite 1080 – Dok.08Filtz

Mercury den 1ten Marty 1769

Ambts verweser Kolligs zu Flörsheim über-
giebt ein promemoria, inhalts deßen der
schlechte betrag, beständige bedrunkenheit
und sonstige gebrechen des dasigen ober-
schultheißens Conradi ahn der durch den

Seite 1081 – Dok.09Filtz

Inquisition
des bisherig-liederlichen
Betrags und sonstigen
gebrechen
des oberschultheißen
Conradi zu Flörsheim

item
die aufstellung eines
ordentlichen ausschußes
daselbst

Husaren Müller ahn dem unterschultheißen
Filtzinger selig ausgeübten thätlichkeit
für die hauptursach angegeben worden; in-
maßen derselbe den thätern dasjenige,
was der entleibte unterschultheiß bei ver-
sammbleten gericht seiner fortschaffung wegen
vorgebracht, wieder erzehlet, dardurch soforth
obmelten thäter gegen den unterschultheißen
in harnisch gebracht hätte, und da derselbe
zur verhaftnehmung des thäters sogleich
die veranstaltung machen sollen, so seyn obge-
dachter oberschultheiß erst nach verlauf
einer zeith von ein- woh nicht anderthalb
stunden auf mehrmahliges beschicken auf
den platz gekommen, und nichts als
einen Spectatoren abgegeben, bis das von
hier abgeschickte Commendo erst die thäter
in Verhaft genohmen, wohinmittelst diese
gar leicht mit dem säbel in der faust
sich durchhauen können, und traget daher
unterthänig an, daß mehransagter ober-
schultheiß Conradi nicht allein des bisherigen
oberschultheißens-dienstes noth- und ein
anderer ahngesezet – sonderen auch zu

Seite 1082 – Dok.10Filtz

Vermeydung dergleichen vorfallenheiten eine
solche böswichte in der forcht haltende vor-
sehung geschehen und zu Flörsheim sowohl
als auch zu Hochheim ein ausschuß von 12
tüchtigen mann nebst einem Corporal ahn
geordnet, diese mit tüchtigen gewähr ver-
sehen werden mögen, welche soforth zu allen
eine gewaffnete hand erfordernden vor-
fallenheiten gegen eine von der gemeinde
zu genießende wohlthat gebrauchet werden
können.

Conclusum: Es hätte ambts verweser zu Flörs-
heim den dasig-bisherigen oberschultheißen
Conradi über alles das jenige, was
demselben auf so ein- als andere wird
zu last geleget werden kann, annoch ahn-
forderist gebührend und insonderheit was
derselbe zu seiner allenfallsigen Ver-
antworthung beizubringen vermöge des
protocollum zu vernehmen, soforth um
einsendung des darüber zu verführenden
protocolli des weitheren mitzuberichten
darnebst auch wie und auf was arthens

Seite 1083 – Dok.11Filtz

ein ausschuß zu Flörsheim sowohl als
zu Hochheim füglich aufgerichtet und ge-
halten werden könne, das nähere gut-
achtlich ahn handen zu geben.

Seite 1167 – Dok.12Filtz

Mercury den 5ten April 1769

Müllers Ehefrau zu
Flörsheim
pto.
ihres zugebrachten betts

der dahier inhafftierten Müllers Ehefrau zu
Flörsheim Supplicat umb die verfügung
das ihr das mit denen Müllerischen effecten
auf das dasige rathhauß zur verwahr
mitt hinweggenohmene bette verabfolget
werden möge, weilen dieses ihr zugehörig
und ihrem mann zugebracht hätte.

Conclusum Communicetur dieses Mrle
dem ambts verweseren zu flörsheim mit
dem auftrag, umb dahern die sache
also angebrachter maßen beschaffen
und Supplicantin gebührend bescheinigen
werde, das sie das bett gs ihrem mann
zugebracht habe, solches derselben hinwieder
verabfolgen zu laßen.

Seite 1203 – Dok.13Filtz

Mercury den 19ten April 1769

die
errichtung des ausschuß
zu Hoch- und Flörsheim
betreffend

Ambts verweser zu Hoch- und Flörsheim
thuet in Verfolg des untern 11ten clapsi
ahn ihn ergangenen gnädigen befehles
in betreff deren von dem neu zu er-
richtenden ausschuß daselbst zu ver-
richtenden funktionen so wohl als auch
dargegen aus der gemeind zu genießen
haben sollenden emolumentorum die nähern
gutachtliche Vorschläge, welchergestalten
dießer ausschuß in allen vorfallenheiten,
wo man deßen benöthiget seyn als bey
schlägereyen, entstehender diebereyn, auch
zu ausheb- und gefangennehmung deren
malversanten, zur wacht auf denen

Seite 1204 – Dok.14Filtz

Märckten, zu verhüthung deren unruhen
im orth, zu eintreibung der schatzung
und anderer schuldigkeiten gebrauchet,
und hierzu verpflichtet, auch mit einer
besonderen instructionversehen werden,
dargegen gedachter ausschuß sowohl die
frayheit von denen frohn diensten und
manngeld, als auch die in platz deren
gebrauchten soldaten sonstige marcktwachter
und executions-gebührunßen zu gewähren
haben solle mit der anzeige sowohl, daß
33 Mousquetten, soviel bajonettes, degen,
sambt kuggel und Patron-taschen ihnen
aus dem Churfürstl. zeuch hauß zu ge-
gestellet worden seyen, als auch mit der
unterthänigen ahnfrage: wie es mit der
montour und sonsten gehalten werden solle.

Conclusum: Gleichwie Rdssmu caplu diese
des ambts verwesers zu Hoch- und Flörsheim
des weitheren unterthäniglich gethane Vor-
schläge allerdings begnehmige,also hätte
derselbe hiernach nicht nur mit aufrichten
eines ausschußes zu Hoch- und Flörsheim
deßen verpflicht- und instruierung zu werke

Seite 1205 – Dok.15Filtz

zu gehen, sondern es wäre auch ihren
ambts verwesern des weitheren resolutionis
loco
bekannth zu machen, daß die
montour für den ausschuß zu Hoch- und
Flörsheim in einem blauen kärschaimenrock
mit rothen klappen und aufschlägen
nebst einem mit einer weißen schnur
eingefasten huth bestehen, soforth die
montierung eines mannes nach deßen vor-
schlag auf 10 bis höchstens 11 fl kösten
sich belaufen und darzu theills die ein-
gehende strafgeldern verwendet, theills
aber sothanen kösten von denen á
Servitys militaribus
dispensirten und deßet-
wegen nach proportion ihres vermögens
jedoch nur höchstens mit 10 fl zu bele-
genden sich verehelichenden jungen purschen
nach und nach bestritten werden sollen.

Seite 1280 – Dok.16Filtz

Luna den 15ten May 1769

Inquisition
ca
Paul Müller von Flörs-
heim und deßen Sohn
Martin
pto
Homicidy

wiederherstellung des
hochgerichts zu Flörsheim
und
bezahlung deren Criminal
Kösten betreffend

Referebatur in Inquisitions-sachen des Dom-
Capitulischen Syndicat-ambts ca Paul
Müller von Flörsheim und deßen Sohn
Martin pto homicidy mit verlesung
des in dieser sache von der zu diesem
geschäft gnädig wiedergesezten Criminal
Commission
verführten protocolli und abge-
fasten urthelen.

Conclusum: Fiat justitia und wird das an

Seite 1281 – Dok.17Filtz

die weithern verahnstaltung Illmi capli
Syndicat-ambt lediglich überlaßen
dann wäre in proxima Sessione Capitulari
wegen deren Criminal-kösten so wohl, als
wiederherstellung des hochgerichts zu Flörsheim
das nähern zu entschließen.

Seite 1290 – Dok.18Filtz

Jovis den 18ten May 1769

… dann wurde bis zur nähern erkundigung
ob die Hochheimer ambts unterthanen

Seite 1291 – Dok.19Filtz

ein besonderes gericht daselbst hergebracht
haben, die entschließung wegen deren
in Inquisitions-sachen ca Paul Müller
von Flörsheim und deßen Sohn nach dem
schatzungs fuß allenfalls auszuschreibenden
Criminal-Kösten sowohl als auch wieder-
herstellung des hochgerichts zu gedachten
Flörsheim daselbst bis auf das nächst-
künftige generale May ausgesetzet.

Seite 1308 – Dok.20Filtz

Veneris den 26ten May 1769

Legebatur Relatio super actu executionis
deren untern 20ten hujus zu Flörsheim
pto homicidy hingerichteten Paul Müller
und deßen Sohn Martin in Speziales
von dem Sohn wegen ihrer verbrechen
bezeigten reumüthigen und standhaften
vorbereithung zum dodt sambt des ambts-
verwesers Kolligs zu gedachten Flörsheim
unterthänigen antrage, daß weilen

Seite 1309 – Dok.21Filtz

aufnahm
deren
Müllerischen kinderen
in das dahiesige armen-hauß

letzterer um die versorgung seiner
zwey ohnmündigen kinderen mehrmahlen
inständig gebethen und Rdssmu caplu
dem dahiesigen armen hauß all-
jährlich sehr beträchtliches allmosen zu-
fließen laße, die armen-hauß-
Commision umb derenselben ein- und
aufnahm ersuchet werden mögen.

Conclusum: Es wäre bey einer hiesigen
Fl. Rochi Hospitals Commissionper
extractum protocolli dahin ahnzutragen,
daß die beyde kindern des letzhin zu
Flörsheim justificirten Martin Müller
in vorgedachtes Hospitale zur christlichen
erzieh- und nothdürftigen verpflegung
ohnschwähr ein- und aufgenohmen
werden mögen.

Eodem Producebatur Designatio
deren
währender Inquisition und beyder Inqui-
siten dahiesiger gefangenschaft auf-
gegangenen verpflegungs-kösten ein-
schließlich deren wachtmeister-lieutnants
kerckermeisters und Commissione actuary

Seite 1310 – Dok.22Filtz

gebührensten ad 40 fl 49 xr.

die
bezahlung deren bey hin-
richtung des Paul und
Martin Müller aufgegangenen
Criminal-Kösten
und
untersuchung des mütterlich
und vätterlich vermögens
auch
wiederherstellung des
hochgerichts zu Flörsheim
betreffend

Conclusum: Es wären zwar jetzermalten
sowohl als übrig aufgegangenen
Criminal-Kösten einsweilen von
Flörsheimern gemeinds-geldern vor-
zuschießen – gleichwohlen aber hier-
nächst solche aus deren beyden dar-
für in solidum verbundenen justi-
ficirten bereithesten vermögen, in
soweith solches hinreichend, hinwieder
zu ersetzen, welchen endes ambts
verweser zu Flörsheim fordersamt
annoch geziemend zu untersuchen
hätte, ob und was allenfalls nach
abzug deren der Paul Müllerschen
Relicta gebührenden illatonum und
etwaigen acquaestus annoch am vor-
rathigen vermögen übrig verbleibe
und demnächst darüber sowohl, als auch
ob und was dem nachrichter für die
hinrichtung und sonsten verordnungs-
mäßig nicht nur zu bezahlen, sondern
auch wie das hochgericht zu Flörsheim
ohne alle weitherung und mit geringen
Kösten wieder hergestellet werden kann

Seite 1311 – Dok.23Filtz

zu Rdssmi Capli nähern entschließung
gutachtlich einzuberichten; inmaßen
dann Emmi gewalts botten sowohl wegen
der dafür in loco Maynts verführten
Inquisition als auch Rdssmi Capli Syndico
Dürr
wegen verfertigung der relation
und zwar jeglichen sechs Dukaten pro
remuneratione zu reichen wären.

Seite 1314 – Dok.24Filtz

Veneris den 26ten May 1769

die
nachsuchende beerdigung
deren Müllerischen aufs
rath geflochtenen Cörperen
betreffend


Anna Barbara und Maria Müllerin des
lezthin zu Flörsheim justificirten Paul
Müller beyde töchter Supplicant um
die gnädig zu verstattende beerdigung der
aufs rath geflochtenen Cörperen ihres vatters
und bruders.

Conclusio: Wird das gesuch hiermit leediglich
abgeschlagen.

Seite 1343 – Dok.25Filtz

Luna den 5ten Juni 1769

aufnahm deren Müllerischen
Kinderen
in
das dahiesige armen-
hauß

Legebatur Extradus protocolli Electoralis
Commissionis Hospitalis ad Stum Rochum
dd 31ten clapsi,
inhalts deßen gedachte
Commision die beyde Kindern des justifi-
cirten Martin Müller von flörsheim
in das dahiesige armen hauß auf- und
anzunehmen erbiethig seyn.

In eadem materia Supplicat deren Kinderen
Mutter Elisabetha Müllerin umb sothane
aufnahm, damit sie ihr künftiges
stück brod allenfalls mit dienen verdienen könnte und
Beruhet auf sich, weilen die Kindern
bereiths in das dahiesige armen-hauß ge-
bracht worden.

Seite 1348 – Dok.26Filtz

Luna den 5ten Juni 1769

Conrad Mohr zu
Flörsheim
ca.
des daselbstig unterschultheißens
Filtzingers Erben

Gewesener Schatzungs heber Conrad Mohr zu
Flörsheim bittet umb die anzubefehlende
untersuchung einiger mit des abgelebten
unterschultheißens Filtzinger Erben annoch
zu liquidiren habende gemeinen geldern
ad 96 flo soforth umb die einsweilige Er-
hebung des amtlich Decreti, vermög welcher
ihm diese geldern längstens innerhalb
acht tagen zu deponiren, Sub poena ex-
cutionis
auferleget worden seyn.

Conclusum Communicetur dießes M…
dem ambts verweseren zu Flörsheim zur
förderlichsten dieser sache untersuch- und
rechtlichen entscheydung, bis dahin aber
den Supplicanten mit der deposition der
annoch in fraage befangenen geldern zu
verschonen.

Seite 1708 – Dok.27Filtz

Luna den 18ten Dezember 1769

Des unterschultheißens Filzinger selig
zu Flörsheim nachgelaßene wittib
Supplicat umb ihr die wegen ihres in
verrichtung der ambtlichen schuldigkeit
ermordeten Ehemanns selig nunmehr
ahngesetzten 33 fl besthaupts geldern in

Seite 1709 – Dok.28Filtz

gnaaden nachzulaßen

Conclusum: Es werden der Supplicantin
sothanne besthaups-geldern in gnaaden
nachgelaßen, welches derselben sowohl
als dem ambts verweser zu Flörsheim
zur nachachtung bekannth zu machen
wäre.


Zum Schluss noch vier Dokumente, Paul Müller und seine Ehefrau betreffend; sie sind aus dem Jahre 1755, also lange vor Müllers Angriff auf Filtzinger, werfen aber ein Licht nicht nur auf ein gewalttätiges Ehepaar, sondern auch auf die damaligen Strafen.

Hier die Übertragungen:

Band 58, Seite 189 – Dok.29Filtz

Mercury den 12ten Marty 1755

Paul Müller und
deßen Ehefraw
zu
Flörsheimb
pto. violata …
publica daselbst

Ambtsverweser Eckerth berichtet, welcher ge-
stallten Paul Müllers haußfraw zu Flörsheim
den dasig gefangenen mit einer axt gewalthan-
tig erbrochen, auch ihren darinnen frevelshal-
ber geseßenen Ehemann also befreyet, dies-
er aber als Er in die freyheit gekommen, die
axt ergriffen, auch gantz grimmig, auch furie
mit dießen worthen: jetzo komme einer her,
gerufen habe, mithin Er ambtsverweser des
ohnvorweislich daführhaltens seyn, daß ob
violationem … publica ad exemplu …
nicht nur gedachte Müllerische Ehefraw 3 tage
auch nächte bey waßer und brod in den gefan-
genen sonderen auch ihr Ehemann eben
also so lange in den Thurm zu werfen, und
darnebst von ihnen das ruinirte gefangenen
schloß auch Thür zu repariren seyn

Conclus.: Es wäre Paul Müller und dessen
Ehefraw zu Flörsheim wegen ihres in

Seite 190 – Dok.30Filtz

gewaltthätiger Erhebung dieser gehor-
same und sonsten ausgeübten frevels
auf ihre Kösten mitt dahiesig-vierwochiger
zuchthauß-strafe zu belegen, und darnebst
jeglichem Theil zum sogenannten willkomm, und
quittung jedesmahl zwölf ochsen-ziemer ap-
pliziren zu laßen, das mehr mithin die hiesige
Churfürstliche Regirung umb die nöthigen Verfü-
gung zu requiren, inmittelst aber auch das
ahn fermelten gefangen ruinirte schloß so wohl
als deßen thür hinwieder auf Kösten beyder
Eheleuthen herstellen zu laßen.

Band 58, Seite 207 – Dok.31Filtz

Jovis den 18ten Dezember 1755

Paul Müllersche hauß-
fraw zu Flörsheim
pto.
der ihr ahnmitirten
zuchthauß-strafe

Paul Müllersche Kinderen zu Flörsheim bitten
p. Memo. ihre zur vierwöchigen zuchthauß-stra-
fe condemnirten Mutter von denen annoch übrigen
drey wochen in gnaaden zu absolviren.

Seite 208 – Dok.32Filtz

Conclus.:
hatt deren supplicanten gesuch nicht
statt

Weitere Dokumente

Hier folgen aus dem Hessischen Staatsarchiv Wiesbaden, Signatur 105, Amt Hochheim, eine Reihe von Tabellen, Rechnungen und Quittungen mit den Kosten, die der Tod des Unterschultheißen und die Gefangennahme und Hinrichtung der beiden Mörder der Gemeinde Flörsheim verursacht haben.

Die archivierten Belege geben einen guten Einblick in die angefallenen Aufwendungen. Sie sind von großer Aussagekraft über die Art und Weise, wie zu jener Zeit ein Ereignis wie eine Hinrichtung eine Reihe von Menschen beschäftigte, darüber hinaus geben die Belege Zeugnis über die Lebens- und Trinkgewohnheiten der Menschen im ausgehenden 18. Jahrhundert.

Von den vielen Dateien zeige ich nur einige im Original, sie geben eine Sicht auf die verschiedenen Handschriften und Schriftweisen und sind mit ihrer Eigenart  einer Betrachtung wert, die Übertragungen aber zeige ich alle. Wer mag, kann sich besonders die No: 4, die Rechnung der fremden und No: 7 der Flörsheimer Ärzte ansehen, oder die No: 5 mit der Berechnung der Medikamente, die No: 24 als Rechnung des Scharfrichters, No: 25 mit den Kosten für das Commando aus Mainz, No: 30 die Kosten für Blut im Bett, No. 36 die Rechnung für ein totgetretenes Huhn, die No: 40 die Kosten für die zwei Räder.

Zuvor jedoch einige allgemeine Erläuterungen:

Bei den nachfolgenden Aufstellungen und Einzelbelegen wurden die damals gültigen Kurzzeichen für Gulden, Albus, Kreuzer und Batzen verwendet. Da mir dieseZeichen in meinem Schreibprogramm auch nicht als Sonderzeichen vorliegen, werde ich in den Texten folgende Abkürzungen verwenden:

fl oder G für Gulden (Florinth, er hat 30 alb oder 60 xr oder 240 Batz)
alb oder A für Albus
xr oder K für Kreuzer
Batz für Batzen

Unleserliches werde ich mit …? kennzeichnen, mir Unverständliches werde ich kursiv schreiben.

Recherchen

Hier möchte ich über meine Recherchen zum Tod von Johann Adam Filtzinger und zur Hinrichtung seiner Mörder berichten. Da ich vorhatte, über dieses grausige Stück Flörsheimer Geschichte ein Buch zu schreiben, wollte ich einiges über die Menschen in jener Zeit genauer wissen.

Ich machte mir also ein Bild von dem, was im Februar und bis in den Mai 1769 hinein in Flörsheim geschah und schrieb ein Jahr später die Novelle „Auf offener Straße“; mit dem FAT Flörsheim kam im Juni 2008 die Geschichte des Unterschultheißen und seiner Mörder auf die Straßen im Unterflecken Flörsheims.

War es ein Mord?

War die Tat von Paul Müller und seinem Sohn am Unterschultheißen überhaupt ein Mord? In der damaligen Zeit gab es den Begriff des „freiwilligen Mordes“. Beim Prozess gegen Johannes Bückler, den „Schinderhannes“, hat der Richter Wilhelm Werner von einem Vorfall am 25. Mai 1801 in Klein-Rohrheim gesprochen, bei dem der Korporal Franz Kleb erschossen wurde; die Tat habe Bückler zwar ohne Vorsatz begangen, aber auch ein freiwilliger Mord bleibe ein Mord.

Hierzu bat ich Herrn Dr. Schröder in München, unseren Anwalt in Flughafensachen, um eine Stellungnahme. Am 7. August 2006 bekam ich Antwort mit Auszügen aus „Grosses vollständiges UNIVERSAL-LEXIKON, Band 44, von Johann Heinrich Zedler 1745“, dort wird ausführlich erörtert, was ein Todschlag oder ein Mord ist; über den „freywilligen Mord“, einen Totschlag also, ist dort auf Seite 795 zu lesen:

Todschlag, (freywilliger) siehe Todschlag, (fürsetzlicher).

Todschlag, (fürsetzlicher) oder ein vorsätzlicher und vorbedachter, ein freywilliger, boßhaffter und muthwilliger auch gefährlicher Todschlag. … Es ist auch nicht nöthig, daß man einen so fort gar todt schlage; sondern es ist genug, wenn man einen also verwundet, daß  der Tod nothwendig darauf erfolgen muß.

Der einen Todschlag aus Gäheit (?) oder Zorn getan, und sonst auch gemeldte Entschuldigung nicht hat, mit dem Schwerdt vom Leben zum Tod gestraft werden soll.“

Ich schrieb hierzu in meinem Buch:

„Nun hatte der Richter seinen großen Auftritt, er sagte:

So war die Tat an Filtzinger sicher auch als ein freiwilliger Mord zu werten, auf dem aber auch die Strafe des Enthauptens und das Aufflechten aufs Rad gehörten. Ehrwürdiger Herr Hofrichter, Ehrwürdiges Gericht, für diese Tat gibt es für Paul und Martin Müller nur eine Sühne, den Tod durch das Rad. Wenn es auch nicht ein heimtückischer Mord gewesen ist, so ist es doch ein Freiwilliger Mord gewesen. Denn an diesem Gericht wie auch an jedem anderen Blutgericht gilt der Freiwillige Mord auch dann als erwiesen, wenn ein Täter zu Beginn seiner Tätlichkeiten zwar nicht den Tod des Opfers, aber seine Verletzungen will und es dann so schwer verletzt, dass das Opfer an den beigebrachten Wunden stirbt. Paul und Martin Müller wollten die Verletzungen des Opfers, nur dazu haben sie sich mit Hieb- und Stichwaffen ausgerüstet und den Streit begonnen, sie haben gehauen und gestochen und hatten doch jederzeit die Freiwilligkeit, den Streit abzubrechen und den Unterschultheiß Johann Adam Filtzinger nicht so schwer zu verwunden, dass er einige Tage später seinen Verletzungen erlegen ist, da er doch auf der Untergasse in Flörsheim und später im Haus des Conrad Schwerzel zu viel Blut verloren hatte.“

Was waren das für Leute, der Filtzinger und der Scharfrichter?

Über die Persönlichkeit des Unterschultheißen Filtzinger, aber auch über die Persönlichkeit des Scharfrichters Krause wollte ich etwas wissen, und so schickte ich Schriftproben von Filtzinger und Krause an einen Graphologen mit der Bitte um eine Stellungnahme.

Nachfolgend die Schriftprobe von Filtzinger auf einem Dokument aus dem Hessischen Staatsarchiv …

… und hier die Schriftprobe von Leopold Krause, ebenfalls aus dem Hessischen Staatsarchiv, es handelt sich hier um Krauses „Executions Gebühren“:

Nun folgen die graphologischen Stellungnahmen als Graphologische Charakterskizzen, verfasst von einem Dipl.-Psychologen und Schriftsachverständigen (seinen Namen habe ich für die Homepage gelöscht).

Die Skizzen verschafften mir ein Bild vor allem von Johann Adam Filtzinger, das nicht in allen Teilen mit der Charakterisierung Filtzingers durch Pfarrer Lamberti übereinstimmt. Nun mag dahingestellt sein, ob eine einzige Schriftprobe auf einer Rechnung für einen Blick auf einen Menschen ausreicht, der vor über 200 Jahren gelebt hat; wenn man aber der Graphologie nicht glauben will, lässt man die Charakterisierung besser sein. Jedenfalls habe ich in meinem Buch nicht nur bei der Schilderung der Untat den „eigensinnigen Durchsetzungsdrang“ Filtzingers nicht außer Acht gelassen. 

Kann ich über die Familien Filtzinger und Müller mehr erfahren?

Hier der Stammbaum von Filtzinger und der von Paul und Martin Müller:

Über Scharfrichter

Über den Scharfrichter Leopold Krause habe ich nichts weiter gefunden als seine oben gezeigte „Specification“.

Über Hinrichtungen und Scharfrichter im Allgemeinen habe ich das Buch „Theater des Schreckens zu Rate gezogen …

… habe aber auch im Internet „Aus dem Leben des Scharfrichters Johann Georg Morsbach“ wertvolle Hinweise gefunden.

Darüber hinaus habe ich meine Phantasie spielen lassen und das Buch geschrieben

Zum Ende meines aus drei Teilen bestehenden Berichts „Die Ermordung des Unterschultheißen Filtzinger und die Hinrichtung seiner Mörder im Jahre 1769“ hoffe ich, dass ich nicht nur einen Blick auf einen Mord und eine  Hinrichtung, sondern auch auf die „gute alte Zeit“ gegeben habe, in der unsere Vorfahren nach den Schrecken des 30-jährigen Krieges in einem kleinen Dorf am Untermain lebten.